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Die Diagnose ADHS oder ADS ist meiner Ansicht nach ein Paradebeispiel für eine in der ICD-10 (=Internationaler Katalog aller Krankheiten) völlig oberflächlich beschriebenen Symptomatik. Sie ist derart unpräzise formuliert, dass auch „ganz normale“ Kinder die Diagnose ADS oder ADHS oder „Hyperaktivität” erhalten können. Zudem existieren zig Erklärungsversuche und Therapie-Ansätze für AD(H)S: Es soll genetisch bedingt sein, die Neurotransmitter / Botenstoffe sollen aus der Balance sein, es solll nur eine Verhaltensproblematik sein usw. — Aber was und wem soll man denn nun glauben?

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{slider Was ist eigentlich ADS / ADHS wirklich?}

Die heutzutage übliche Diagnostik von ADS und ADHS

Wie in der Einleitung gesagt, ist die Diagnostik gemäß der Symptombeschreibungen der ICD-10 völlig unzureichend und viel zu wenig trennscharf hinsichtlich dessen, was als „noch normal” und was als „gestört” = AD(H)S gelten soll. Daher verzeichnen wir in den letzten Jahren einen extremen Anstieg dieser Diagnosen, der nicht real begründbar ist.
Meiner Ansicht nach entsteht diese extreme Zunahme, weil sich in einer übertrieben leistungsbezogenen und perfektionistisch ausgerichteten Gesellschaft die Eltern um die Zukunft ihres Kindes viel mehr Sorgen machen als in früheren Zeiten. Die Eltern sorgen sich, weil ihr Kind zu Hause, im Kindergarten oder in der Schule in irgend einer Weise „irgendwie auffällig” geworden ist.
Aber seit wann ist schon derjenige, der „irgendwie auffällig“ ist, als „krank” oder „gestört” zu diagnostizieren? Eher ist ein Gesellschaftssystem als gestört oder krank zu bezeichnen, das die Individualität des Menschen einschränken und durch eine „Normalität” im Sinne von strengen Normen und Vorgaben reglementieren will. Menschen sind keine genormten Maschinen, sondern individuell!

Normen und enge Toleranzen sind im Rahmen der Industrialisierung immer wichtiger geworden, damit komplexe Technik zuverlässig funktioniert. Auch der Rahmen dessen, was gesellschaftlich als „sozial akzeptiert” angesehen wird, scheint mir ständig enger geworden zu sein (und nicht erst seit „Knigge”).
Außerdem: Je mehr Angst man vor Freiheit hat, desto mehr wählt man die Sicherheit, die dann durch Normen, Regeln und Gesetze sowie die Exekutive geschaffen und durchgesetzt werden soll. Normalität steht dann gleichbedeutend mit Sicherheit und Zuverlässigkeit – aber zugleich mit dem Verlust von Entfaltungs-Freiraum. Diese Logik endet in ihrer extremen Form im Faschismus! – (Genau also das, was wir zurzeit im Rahmen der Corona-Zwangsmaßnahmen erleben!)

Aber hier geht es nicht nur um Normen und Sicherheit, sondern um die Freiheit des Menschen, so sein zu dürfen, wie es seinem Temperament und seinen Potenzialen entspricht, die Vielfalt der Individualität! Das Festlegen von „Normalität” in Abgrenzung zu „psychischer Störung”  verletzt meiner Ansicht nach die Würde des Menschen!

Die auf die Symptome bzw. auf die Verhaltens-Auffälligkeit fokussierte Sichtweise blendet leider die Ursachen für die Symptomatik aus. Das Symptom stört, also muss es weg, damit „das arme Kind” wieder „normal” wird. Zudem ist diese Sichtweise verführerisch einfach. Und deren primitive Logik hat mit Sicherheit zu der extremen Zunahme der Ritalin / Medikinet-Verordnungen beigetragen.

Die ADS- / ADHS-Symptomatik betrifft immer die Interaktion einer Gruppe von Menschen

In meinen folgenden Ausführungen wird deutlich, dass man eigentlich streng unterscheiden müsste zwischen einerseits den Besonderheiten, die ein Kind sozusagen aus sich selbst heraus mit auf die Welt bringt und die folglich zu seiner ursprünglichen Persönlichkeit gehören und andererseits den Besonderheiten, die umgebungsbedingt bereits pränatal sowie postnatal unter dem Einfluss der Bezugspersonen und der gesellschaftlichen Normvorgaben entstehen.
Ich vertrete die Meinung, dass die in der ICD-10 beschriebene Symptomatik erst in der Wechselwirkung zwischen dem Kind (dessen Temperament) und Umgebungseinflüssen entsteht. Folglich beschreibt die AD(H)S-Symptomatik ein Zusammenwirken vieler Beteiligten, bei dem aber die Diagnose und damit die Last dem Kind zugeschoben wird. Alle anderen Beteiligten entlasten sich so auf bequeme Weise zu Lasten des Kindes!

Ich betrachte die ADS- / ADHS-Symptomatik als eine Bewältigungsstrategie. Schon die Unterscheidung, dass es in der Form des ADS ein Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom ohne Hyperaktivität geben soll (die „Träumerle”) und eines als ADHS in der Variante mit Hyperaktivität, kann als Indiz dafür gesehen werden, dass hier von den Betroffenen zwei verschiedene Bewältigungsstrategien benutzt werden, um die gleiche Problematik und die gleichen Ursachen besser handhaben zu können und eigenes Leid zu verringern oder weniger spüren zu müssen. – Weiter unten sage ich zum Thema „Bewältigungsstrategie” mehr.

{slider-1 Behauptung: ADS / ADHS ist genetisch bedingt bzw. vererbt|closed}

Die Befürworter dieser These meinen, dass bei Kindern mit AD(H)S auffällig oft ein Elternteil oder ein näherer Verwandter bereits AD(H)S hat und daher die genetische Komponente als gesichert angesehen werden kann. Gleichzeitig bedeutet diese Erklärung aber auch, dass AD(H)S körperlich bedingt sei und daher durch körperliche Therapie = Medikamente therapierbar sei.

Viele Ärzte und Psychiater denken in dieser Weise, weil dies traditionell so in Lehrbüchern steht und weil Psychiater aus der historischen Entwicklung ihres Berufsbild dazu neigen, psychische Probleme fast immer auf körperliche Ursachen zurück zu führen. Zudem erscheint ein „körperlicher Defekt” naturgemäß einfacher therapierbar (nämlich mediakmentös). Das wiederum erfreut die Pharma-Industrie durch goldene Gewinne! Und schließlich ist ein „genetisch / körperlicher Defekt” gesellschaftlich akzeptabler, als ein psychisches Problem. Denn für solch einen „Defekt” kann man ja nichts und der Betroffene ist so immerhin ein wenig  „entschuldigt” und „entlastet”.

Das ist sicher mit ein Grund, warum die „Therapie von AD(H)S” mit Psychopharmaka bevorzugt wird. Es ist eine „schnelle, billige Lösung”. Psychotherapie ist demgegenüber aufwändiger und muss von allen an der AD(H)S-Symptomatik eines Kindes Beteiligten mit getragen werden. Dabei steht längst fest, dass alle üblichen verhaltenstherapeutischen Methoden beim Phänomen ADS / ADHS wirkungslos sind! – Das kostensparende Verabreichen von Medikamenten veranlasst mich ebenfalls zu der Meinung, dass sich alle Bezugspersonen des Kindes zu Lasten des Kindes durch Medikamente entlasten!

Meine Sichtweise: Kinder lernen von ihren Eltern bzw. ihren wichtigsten Bezugspersonen und entwickeln sich in der Art ihrer Beziehungsgestaltung, ihren sozialen Fähigkeiten und allen weiteren Dingen gemäß ihrer Vorbilder. Auf diese Weise werden oft Erziehungsstile, Beziehungs- und Sozialverhalten sowie Erwartungshaltungen zu sich selbst und der Umwelt von Generation zu Generation weiter gegeben – oft sogar unbewusst. So hat Luise Reddemann, Traumatherapeutin und Traumaforscherin aus Göttingen, nachgewiesen, dass es transgenerationale Traumata gibt, die an die Kinder weiter gegeben werden und die z.B. durch Naturkatastrophen, Kriege, Gewalterfahrung der Eltern usw. entstanden sind.
Wer mit der Genetik als Haupt-Einflussgröße argumentiert, vernachlässigt diese Einflüsse. Zudem: Wer kann denn genau unterscheiden, was genetisch bedingt weiter gegeben worden ist und was durch die Erlebnisse mit den Bezugspersonen weiter gegeben wird?

{slider-1 Behauptung: AD(H)S ist eine zu akzeptierende Auffälligkeit}

Alle Menschen haben Ausprägungen in ihrem Temperament. Menschen mit AD(H)S haben oft besonders stark ausgeprägte Merkmale im Temperament und geraten schnell in Schwierigkeiten, wenn soziale Normen und Regeln sowie bestimmte Verhaltensweisen eingehalten werden sollen.
Manchmal liest man, dass die anderen Menschen daher die Besonderheiten von Menschen mit AD(H)S anerkennen und tolerieren sollten, weil sie zum Spektrum natürlicher Äußerungen eines Menschen gehören würden. Und dabei weist man gern darauf hin, dass AD(H)S-Betroffene oftmals besondere Fähigkeiten hätten (z.B. die Fähigkeit zum „Hyperfokus” oder eine besonders hohe Creativität / Intelligenz).

Meine Sichtweise: Dieser Ansatz ist für mich schon sinnvoller. Er erklärt aber viel zu oberflächlich das extrem introvertierte oder das extrem impulsiv-unkontrollierte, extravertierte Verhalten von Menschen mit AD(H)S. Daher kann hieraus für sich allein kein therapeutischer Ansatz abgeleitet werden.
Zudem sind die Verhaltensweisen vieler Betroffener geeignet, eine Schul- und Berufsausbildung zu verhindern und soziale Konflikte zu provozieren, die bis in die Kriminalität reichen. Grenzen müssen also sehr wohl gesetzt werden, aber nicht durch Medikamente oder die Polizei, sondern durch eine angemessene Psychotherapie.

{slider-1 Behauptung: ADS / ADHS ist eine Störung des Sozialverhaltens und des Umgangs mit sich selbst}

Mit diesem Ansatz müsste ADS / ADHS durch eine Verhaltenstherapie gut auflösbar sein. Tatsache ist aber, dass sich Verhaltenstherapie als nahezu wirkungslos erwiesen hat. Zudem konzentriert sich diese Therapie auf den (kleinen) Menschen, dem man AD(H)S diagnostiziert hat und berücksichtigt meistens nicht den Einfluss der Bezugspersonen und des sozialen Umfelds.

Meine Sichtweise: Damit wird ebenfalls, wie bei der medikamentösen Therapie, die gesamte Problematik auf den „Betroffenen”, den kleinen Menschen, abgewälzt. Für die Bezugspersonen und andere Menschen (z.B. Kollegen am Arbeitsplatz oder den Partner) ist dies eine bequeme Lösung. Der „Betroffene” wird so zum „Problemfall” abgestempelt.

Durch Äußerungen von Jugendlichen, denen man im Kindesalter ADS / ADHS diagnostiziert hatte und aufgrund eigener leidvoller Erfahrungen weiß ich, dass die Etikettierung durch diese Diagnose und die damit ausgelöste Befürchtung: „Hoffentlich sehen mir die anderen nicht an, dass ich nicht normal bin!”, meistens mehr Schaden anrichtet, als die Auffälligkeiten und Symptome, die zu dieser Diagnose geführt haben! – Denn mit dieser Befürchtung versucht ein Kind, sein Verhalten so zu kontrollieren, dass es anderen gegenüber möglichst „normal” erscheint. Dieser Versuch muss misslingen, zumal gerade diese Kontrolle zu einem „merkwürdigen Verhalten” führen wird und das Kind so das Gegenteil vom Beabsichtigten erreicht!

{/sliders}

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  2. Konkrete therapeutische Ansätze: Was also in einer AD(H)S-Therapie therapiert werden muss, ist nicht eine scheinbare oder tatsächliche „Besonderheit” in der Ausprägung der Persönlichkeit eines Menschen, sondern in einem ersten Schritt die Milderung und Beseitigung der Schäden, die durch die Reaktionen der Bezugspersonen bzw. des sozialen Umfeld entstanden sind!
    In die weiteren Therapie-Schritte müssen bei Kindern und Jugendlichen auch die Bezugspersonen aktiv mit einbezogen werden, sofern diese noch zusammen mit dem Kind / Jugendlichen in dem verhängnisvollen Kreislauf gefangen sind.
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    Ich betrachte alle Symptome, die die ICD-10 den AD(H)S-Betroffenen zuschreibt, als auffällig gewordene, misslungene Bewältigungsversuche der „Betroffenen”, mit ihrer Situation besser umgehen zu können. Daher muss die Therapie dann in zweiter Linie dem Klienten helfen, Selbstregulation zu erlernen und konstruktive Bewältigungsmuster zu entwickeln, um mit den Besonderheiten der eigenen Persönlichkeit besser umgehen zu können.
    Hierzu gehört auch das Erlernen, mit den oft vorhandenen, besonderen Fähigkeiten optimal umgehen zu können. Es geht darum, diese Fähigkeiten kontrolliert, konstruktiv und nützlich einsetzen zu können, statt sich von ihnen überwältigen oder beherrschen zu lassen.
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    Tatsächlich haben viele Menschen, denen ADS / ADHS zugeschrieben wurde, einige besondere Fähigkeiten wie z.B. die Fähigkeit zum Hyperfokus, eine gesteigerte Creativität mit großem Einfallsreichtum, erhöhte Sensibilität und Einfühlungsvermögen und einiges mehr. (Hyperfokus = die Fähigkeit, sich derart auf eine Sache zu konzentrieren, dass darüber alle anderen Wahrnehmungen und Reize ausgeblendet werden, eventuell sogar einschließlich der Erfüllung der Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken, Schlafen, Darmentleerung usw.)

{slider Psychotherapie bei ADS / ADHS}

Durch meine bisherigen Ausführungen wird klar, dass Menschen, die mit der Diagnose ADS / ADHS in meine Praxis kommen, meist bereits durch folgende Einflüsse geschädigt worden sind:

  • durch die wohlmeinenden, aber dysfunktional wirkende Einflussnahme von Bezugspersonen, Erziehern, Lehrern, Ärzten, Therapeuten usw.

  • durch die übliche Medikation mit Ritalin, Medikinet, Strattera usw.

  • durch die Frustration und Entmutigung nach einer Vielfalt vergeblicher Bemühungen

  • durch die Schädigung des Selbstbildes, des Selbstwert, des Selbstvertrauen, der Zuversicht

Wer solch vielfältige negative Einflüsse erlitten hat, benötigt erst mal dringende Begleitung, sich von den Folgen dieser Einflüsse zu befreien und zu stabilisieren. Dazu gehört bereits auch das Erlernen der Fähigkeit zur Selbstregulation und Selbstberuhigung. Damit wird das meist völlig überlastete, übererregte neuronale System stabilisiert und gestärkt. Diese Therapieschritte erfolgen überwiegend durch körperorientierte Psychotherapie.

Bei ADS / ADHS begleite ich Menschen aller Altersgruppen, denn meine Therapieansätze sind unabhängig vom Alter einsetzbar. Natürlich passe ich den konkreten Arbeitsstil und die Vorgehensweisen an das Alter des Klienten an.

Die AD(H)S-Problematik lässt sich, wie alle psychischen Probleme, um so schneller therapieren, je weniger lang ein ungünstiger, leidvoller Zustand auf den Klienten eingewirkt hat. Es tröstet wenig, zu wissen, dass sich die AD(H)S-Auffälligkeiten oft im Erwachsenenalter mit der Zeit von selbst verringern. Das Leid aus der Kindheit und Jugendzeit prägt den Menschen und beeinträchtigt ihn in allen Lebensbereichen und nicht nur in denjenigen, die man mit ADS / ADHS in Verbindung bringen würde!

Psychotherapie-Themen

ADS und ADHS verstehen und dauerhaft auflösen

die Sehnsucht, der Reizüberflutung zu entkommen und zu sich selbst zu finden

Die Diagnose ADHS oder ADS ist meiner Ansicht nach ein Paradebeispiel für eine in der ICD-10 (=Internationaler Katalog aller Krankheiten) völlig oberflächlich beschriebenen Symptomatik. Sie ist derart unpräzise formuliert, dass auch „ganz normale“ Kinder die Diagnose ADS oder ADHS oder „Hyperaktivität” erhalten können. Zudem existieren zig Erklärungsversuche und Therapie-Ansätze für AD(H)S: Es soll genetisch bedingt sein, die Neurotransmitter / Botenstoffe sollen aus der Balance sein, es solll nur eine Verhaltensproblematik sein usw. – Was davon ist nun wirklich zutreffend?

Seit einiger Zeit wird ADS / ADHS zunehmend differenzierter betrachtet: So wird im „Deutschen Ärzteblatt” über eine Studie des Lehrstuhls für Entrepreneurship der Technischen Universität München (TUM) berichtet. Demnach sind ADHS-Symptome durchaus geeignet, unternehmerischen Erfolg zu verstärken. Die Arbeit ist in der Zeitschrift Journal of Business Venturing Insights erschienen (2016; doi: 10.1016/j.jbvi.2016.07.001). – Hat man also sogar Vorteile, wenn man ADHS hat? 

Und die Frankfurter Studie zur Wirksamkeit von ADHS-Therapien hier zeigt, dass die Therapie unwirksam bleiben kann, wenn nicht das soziale Umfeld des Betroffenen und die früheste Lebensgeschichte des Klienten berücksichtigt wird!

Was und wem soll man denn nun glauben?

Warum ich glaube, in der Therapie von ADS / ADHS kompetent zu sein…

Warum ich glaube, in der Therapie von ADS / ADHS kompetent zu sein…

  1. Im Rückblick auf meine eigene Kindheit und Jugend besteht der starke Verdacht, dass mir damals in 1956 (hätte es die Diagnose schon gegeben), ADHS diagnostiziert worden wäre.
    Im Zuge meiner eigenen, tiefgehenden Psychotherapie habe ich mich mit größter Sorgfalt meiner Kindheit und Jugend gewidmet, um wenigstens als Erwachsener zu verstehen, was damals in mir vorging und welche Auswirkungen dies für mein weiteres Leben gehabt hat. Hierdurch entstand auch mein tiefes Verständnis für die Erlebniswelt eines Kindes, dem heutzutage ADS / ADHS zugeschrieben würde.
  2. Im Rahmen meiner Aus- und Weiterbildung habe ich die Aussagen des Gehirnforschers Gerald Hüther und das therapeutische Verständnis der Schematherapie sowie besonders der körperorientierten Psychotherapie überprüft in Bezug auf die Besonderheiten, die Menschen mit AD(H)S nachgesagt werden.
    Ich verglich diese Therapieansätze mit meinen eigenen biografischen Erfahrungen und habe mich hinein versetzt in meine Erlebniswelt als Kind und Jugendlicher mit der Frage: Hätte ich diese therapeutischen Ansätze damals als hilfreich empfunden? Hätte ich mich von einem Therapeuten damals als Mensch angenommen und respektiert gefühlt, so wie ich war?
  3. Ich habe in ADS- / ADHS-Internetforen mitgelesen und habe mich an einer Selbsthilfegruppe für Eltern von Kindern mit ADS / ADHS beteiligt, um heraus zu finden, welche anderen Verhaltensauffälligkeiten häufig vorkommen, die ich damals bei mir nicht erlebt habe. Und ich wollte wissen, welche Therapieansätze anderen Menschen wirklich geholfen haben.
    Durch diese Informationen konnte ich prüfen, ob meine Sichtweise auf das Phänomen ADS / ADHS einseitig verfälscht ist oder ergänzungsbedürftig ist. Einige Korrekturen und Ergänzungen konnte ich so an meinen Ansichten und Therapie-Ansätzen vornehmen.

Grundsätzlich sehe ich alle meine Ansichten und Therapie-Ansätze in einer ständigen Weiter-Entwicklung.

Was ist ADS / ADHS wirklich?

Was ist ADS / ADHS wirklich?

Ist ADS / ADHS genetisch bedingt?

Ob AD(H)S genetisch bedingt ist, halte ich für unwichtig und rein spekulativ, solange kein konkreter Nachweis dafür existiert. Bis heute wurde jedenfalls kein wissenschaftlich eindeutiger Nachweis erbracht! – Wie sollte das auch gelingen? Denn es müsste eine klare Unterscheidung möglich sein zwischen dem, was genetische Ursachen hat und zwischen den Einflüssen anderer (vorgeburtlich und nach der Geburt).

Tatsache ist aber, dass es sogenannte transgenerationale Traumata gibt und hierdurch ebenfalls eine Symptomatik hervorgerufen werden könnte, die dem ADS / ADHS Symptom entspricht.

ADS / ADHS als evolutionärer Anpassungsversuch

AD(H)S-Symptomatik kann auch als Ausdruck eines natürlichen, evolutionär bedingten Anpassungs- und Bewältigungsversuchs des Menschen an die sich rasant verändernden Lebensbedingungen gesehen werden. Aus der neurobiologischen Erforschung genetischer und transgenerationaler Einflüsse ist nachgewiesen, dass das genetische System immer auf die bestmöglichen Überlebens-Strategien ausgerichtet ist.

Lebten also z.B. die Eltern in Angst und Schrecken eines Krieges (oder in der Corona-Hysterie oder der Klima-Hysterie), so ist deren Nervensystem in einer ständigen hohen Anspannung. Wird unter diesen Bedingungen ein Kind gezeugt, so sorgt die Genetik dafür, dass das Nervensystem des Kindes für eine bestmögliche Gefahrenabwehr vorbereitet ist – damit es bestmöglich unter den voraussichtlich gefahrenreichen, bedrohlichen Lebensbedingungen überleben kann.

Das Kind wird demnach mit einem von vornherein hoch gespannten Nervensystem geboren und wird unruhig ständig seine Umgebung auf mögliche Gefahren oder Bedrohungen prüfen. Und diese überwache, hoch gespannte Grundhaltung ist dem Baby und dem heranwachsenden Kind natürlich nicht bewusst. Es kann nicht wissen, warum es so ist, wie es ist!

ADS / ADHS als Temperament oder als Zeichen ausgeprägter Lust-Orientierung

AD(H)S kann auch eine besondere Ausprägung des menschlichen Temperaments darstellen. Alle Menschen haben individuelle Ausprägungen in ihrem Temperament.

Eines haben aber alle Menschen gleich: Sie sind lust-orientiert! Jeder natürliche Antrieb, irgend etwas zu tun, beruht auf Lust. Es ist die Lust an der Selbstwirksamkeit, an der Fähigkeit, eigenständig aus sich selbst heraus gestalten zu können. Lust kann sowohl empfunden werden, wenn man sich voll in lustvollen Aktivitäten engagiert aber auch, wenn man sich in ein "Wolken-Kuckucksheim" hinein träumt, in eine Welt, in der alles so ist, wie man es sich wünscht.

Problematisch wird es aber - wie immer im Leben - wenn etwas im Übermaß geschieht und als Flucht genutzt wird, um einer vielleicht anstrengenden echten Problemlösung aus dem Weg zu gehen.

ADS / ADHS als Problem der Selbstregulationsfähigkeit

Gemäß der Erkenntnisse der Neurobiologie (Hirnforschung) kommen alle Säugetiere und besonders der Mensch mit einem unfertigen neuronalen System auf die Welt. Deshalb können sie neuronale Spannungen nicht aus eigener Kraft selbst regulieren.

Die intensive Bindung zur Mutter und ihre Hilfe zur Regulation (Co-Regulation) und das damit zugleich entstehende Urvertrauen sind erforderlich, damit das Kleinkind lernt, sich selbst zu regulieren. Gelingt diese Regulation nicht, wird das neuronale System leicht überfordert. Es gerät entweder in einen Übererregungszustand, aus dem es oft nur durch Erschöpfung heraus findet oder es gerät in einen „abgeschalteten Zustand“, um sich vor weiterer Spannungszunahme zu schützen. Der Übererregungszustand kann zum Phänomen ADHS führen und der „abgeschaltete Zustand” zum Phänomen ADS.

ADS / ADHS durch Reizüberflutung

Menschen mit AD(H)S haben meist eine besonders stark ausgeprägte Lust-Orientierung. Diese Lust-Orientierung trifft auf die Reizüberflutung, die heutzutage leider üblich ist. Jeder Reiz stimuliert nun Lustgefühle und fordert so Aufmerksamkeit. Darauf reagiert der Mensch, indem er voller Begeisterung allen aktuellen Stimulierungen folgt und folgen will – einfach weil es Spaß macht. Und ihm fehlt die Anleitung, das so entstehende Übermaß selbst aus eigener Kraft zu regulieren und sich vor Reizüberflutung zu schützen. Viele Eltern kennen diesen Effekt, wenn ein Kind in völlig übermüdetem Zustand dennoch darauf besteht, sein Spiel fortsetzen zu dürfen, statt ins Bett zu gehen.

Werden die stimulierenden Reize aber zu intensiv und somit überfordernd, kann gemäß der Sichtweise der körperorientierten Psychotherapie das neuronale System in einen Übererregungszustand geraten, aus dem es nur schwer wieder in einen entspannten Zustand zurück findet. Die Selbstregulation versagt.

Die Über-Stimulation durch Reize sowie der eintretende Übererregungszustand kann vom limbischen System des Kind als Gefahr interpretiert werden, die es abzuwehren gilt. Es gerät somit unbewusst in einen Zustand, in dem sich die Aufmerksamkeit auf die gesamte Umgebung ausdehnt, um mögliche Gefahren abzuwehren. Damit erklärt sich das Aufmerksamkeitsdefizit.

Dieser Übererregungszustand kann aber auch vorgeburtlich oder sogar transgenerational entstanden sein, (wenn z.B. vor der Zeugung und / oder während der Schwangerschaft ein oder beide Elternteile in großer Gefahr und Unsicherheit oder anderen Belastungen gelebt haben) sodass das Baby nur mit großem Aufwand von der Mutter beruhigt und so co-reguliert werden kann.

Ich kann mich daran erinnern, dass ich als Kind beide Bewältigungsstrategien genutzt habe, sowohl die Hyperaktivität als auch das introvertierte, passive Träumen.

ADS / ADHS und der Hyperfokus

Wenn eine Aktivität starke Lustgefühle weckt, gelangen viele Betroffenen je nach Temperament und Entwicklungsgeschichte in den lustvollen Hyperfokus. Es ist ein Zustand, in dem sie alle anderen Reize völlig ausblenden können und sich einzig auf die lusterzeugende Aktivität fokussieren. Zugleich wird durch den Hyperfokus auf eine einzige Aktivität die Reizüberflutung beendet. Es ist bekannt, dass Kinder im lustvollen Hyperfokus nicht nur Essen und Trinken, sondern sogar den Toilettengang vergessen!
Im Ergebnis ist ein solch hyperaktives Leben ziemlich kräftezehrend, denn es gibt keine Ruhepause, keine Erholungszeit, außer dem Schlaf, der durch die Erschöpfung erzwungen wird.

Wie es zum „Träumerle-Effekt” (ADS) kommen kann

Statt Hyperfokus kann auch eine gegenteilige Reaktion erfolgen: Die Reizüberflutung und die fortwährende Stimulation wirken so heftig, dass sich der Mensch davor schützen möchte. Wenn er keine Anleitung erhält, wie er sich im Sinne einer konstruktiven Problemlösung schützen kann, entstehen hoch-creative kindliche Bewältigungsstrategien.

Und eine nahe liegende Bewältigungsstrategien ist, sich aus der als überflutend wahrgenommenen Realität in eine Traumwelt zu flüchten, die somit für den Betroffenen kontrollierbar und in der Reizintensität regulierbar erscheint. Zudem ist diese Traumwelt völlig frei und grenzenlos gestaltbar, was eine scheinbare Selbstwirksamkeit und den damit verbundenen Lustgewinn steigert. Zusätzlich kann sich der (kleine) Mensch so den Versuchen anderer entziehen, die ermahnend oder auch rigide auf ihn einwirken wollen, um eine Verhaltensänderung zu bewirken.

Ich kann mich daran erinnern, dass ich als Kind beide Bewältigungsstrategien genutzt habe, sowohl den Hyperfokus (z.B. beim Spielen) als auch das introvertierte, passive Träumen (z.B. in der Schule).

Erlernte Hilflosigkeit durch Medikamente

Kein einziges Medikament, das bei sozialen oder psychischen Problemen verordnet wird, verändert die Inhalte oder die Qualität der Gefühle, der Bedürfnisse oder die Denkinhalte eines Menschen – auch nicht desjenigen, dem ADS / ADHS diagnostiziert wurde. Wer diese Medikamente einnimmt, lernt also nichts darüber, wie er eine neue, konstruktive Sichtweise gewinnen und neue Verhaltensweisen entdecken kann, die seinen Bedürfnissen gerecht werden!

Das einzige, was er lernt ist: „Was wäre ich bloß ohne diese Medikamente! Da käme ich womöglich im Leben nicht zurecht.” Das ist erlernte Hilflosigkeit! – Und so schädigt der „Psychopillen-Patient” sehr oft seinen Selbstwert, sein Selbstbewusstsein, seine Selbst-Stärke und vergrößert sein Leid, statt eine konstruktive Lösung für sich zu finden, in der er selbstwirksam ist.

eine systemische Sicht auf ADS / ADHS

Wie würden Sie sich fühlen, wenn man Ihnen schon von jungen Lebensjahren an ein Etikett aufklebt, dass Sie „komisch” oder „anders” sind, als alle anderen Kinder und dass mit Ihnen etwas nicht stimmt??? Wahrscheinlich werden Sie sich anstrengen, möglichst irgendwie „normal” zu wirken, sozusagen als Gegenbeweis. Aber gerade dadurch kommen verkrampfte unnatürliche und ungewöhnliche Verhaltensweisen zustande, die anderen Menschen bestätigen, dass „irgend etwas mit Ihnen nicht stimmt”.

Ihre sämtlichen sozialen Beziehungen werden zerstört. Und Sie werden dadurch massiv und zutiefst gekränkt! Wie werden Sie auf diese ständige und von allen anderen auf Sie ausgeübte Kränkung reagieren? Werden Sie wütend sein und um sich schlagen? (Kampf) Oder werden Sie resignieren und sich in Traumwelten verstecken, wo die Welt noch heile ist? (Flucht) Oder werden Sie sich damit abfinden und sich sagen, dass die Erwachsenen schon recht haben werden in ihrem Urteil? (Erstarren / sich fügen) — Welches Bild werden Sie unter diesen Bedingungen von sich selbst als Persönlichkeit entwickeln? Was erwarten Sie von sich selbst und von Ihrer Zukunft unter derartigen Bedingungen?

Systemisch sehe ich als Therapeut hier die Eingebundenheit des Klienten (dem AD(H)S nachgesagt wurde) in einer massiv schädigenden Wechselwirkung mit seinen Bezugspersonen und seinen sozialen Verbindungen. Um einem Kind aus dieser üblen Falle heraus helfen zu können, müssen seine Bezugspersonen aktiv in die Therapie mit einbezogen werden!

Als „systemisch” sehe ich dabei auch, dass die Bezugspersonen überfordert sind mit dem angemessenen Umgang mit einem Kind oder Jugendlichen mit ADS- / ADHS- Symptomatik. Sie benötigen ein tiefer gehendes Verständnis was wiederum die Tür öffnet für ein besseres Einfühlen und Mitfühlen.
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Aus dieser Sicht finde ich es äußerst destruktiv, wenn Kinder und Jugendliche Medikamente verschrieben bekommen: Denn damit wird den Kindern und Jugendlichen die alleinige „Schuld” (als Problemverursacher) bzw. die alleinige Verantwortung aufgedrückt und das „Brandzeichen” AD(H)S noch tiefer und schmerzlicher gesetzt. Und zugleich entlasten sich die Bezugspersonen zu Lasten des Kindes / des Jugendlichen! Auch wegen dieser Entlastung sind diese Medikamente bei vielen Bezugspersonen so beliebt: Es ist die scheinbar einfache, schnelle Lösung, erfordert keinen Aufwand und die Kosten… zahlt ja die Kasse.
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Mein Therapie-Angebot zu ADS / ADHS…

Mein Therapie-Angebot zu ADS / ADHS…

Gemäß der oben dargestellten Ansichten zu den einzelnen Details würde ich zunächst mit dem Klienten gemeinsam heraus finden, ob eine dauerhaft hohen Anspannung vorhanden ist. Diese kann ihm sogar bisher verborgen geblieben sein, einfach weil sie schon ab Geburt an besteht. Und wie geht der Klient mit Situationen um, in denen die innere Anspannung noch mehr steigt, z.B. durch zahlreiche intensive gleichzeitige Reize von außen. Und was geschieht, wenn mal für ca. 10 Minuten absolut nichts tun soll? Ist das überhaupt vorstellbar für ihn?

Bei allen Schritten in der Therapie lasse ich mich von meinem Grundsatz leiten, dass auch ADS / ADHS eher als Symptom zu sehen sind. Und dass hinter den auffälligen Verhaltensweisen nicht gelungene Bewältigungsstrategien stecken, deren Ziel und deren Entstehung es zu erkunden gilt. Hierdurch entsteht im Klienten ein tiefes Verständnis für sich selbst, aus dem heraus er selbst Lösungen für sich finden kann. Ergänzend erarbeitet sich der Klient individuell zu ihm passende Möglichkeiten, wie er Spannung und Entspanung selbst besser regulieren und sich emotional besser ausgleichen kann.

Das könnte Ihr nächster Schritt sein:
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