Die Sexrevolte von 1968 und was von ihr bleibt
Ulrike Heider
Taschenbuch: 256 Seiten; Verlag: Rotbuch Verlag; Auflage: 1 (4. März 2014)
ISBN: 978-3867891967; Preis: 14,95 Euro
Wenn ich über's Internet erfahre, wie aus den USA eine unglaublich konservative, meist evangelikanistische Strömung nach Europa und nach Deutschland herüber schwappt und wie damit sexuelle Werte und Freiheiten angegriffen werden, die zu den Errungenschaften der 68er Jahre gehören… – wenn ich lese, wie Facebook, Apple und andere Akteure eine prüde Zensur der Benutzer-Inhalte durchführen oder wie unter dem Vorwand, gefährliche Internet-Inhalte bekämpfen zu wollen, eine immer weiter gehende Internetzensur auch in Deutschland angestrebt wird („Zensur-Ursula”), dann wird mir ganz anders!
Und dieses Buch kam mir da gerade recht! Die Autorin beschreibt mit viel Humor aber auch mit große Klarheit und Objektivität die Veränderungen des sozialen Klimas unter dem Gesichtspunkt der Sexualität.
Der provokante Buchtitel stammt übrigens von Schülern, die diese Parole auf die Wand einer Schule gesprüht hatten… damals Ende der 60er Jahre! Ich bin sicher: Wenn heutzutage Schüler diese Worte erneut an die Wand einer Schule sprayen würden, dann wäre die Empörung und der Aufschrei der Spießbürger gewiss ähnlich groß, wie damals – zumindest in einem so konservativen Umfeld, wie hier in Rottweil.
Jedenfalls habe ich dieses Buch mit Vergnügen gelesen. Es hat mich aber auch nachdenklich und etwas traurig gemacht, dass anscheinend die in den 60er und 70er Jahren erreichte Erweiterung sozial akzeptierter sexueller Spielräume inzwischen weitgehend wieder rückgängig gemacht worden ist, mit Ausnahme des Bereichs der Sexualität, der sich hochprofitabel zu Geld machen lässt! Aber das wundert wiederum nicht, „dank Kapitalismus”. Mit echter Freiheit oder Befreiung hat das aber nichts zu tun.
Rezension des Verlags:
1968 das Jahr, das die Bundesrepublik veränderte wie wenig andere: Die junge Generation begehrte gegen das Establishment und den - Muff von tausend Jahren - auf, propagierte freie Liebe und wollte Ehe und Familie abschaffen. Zugleich schwappte mit Oswalt Kolle die erste Sexwelle über Deutschland, und die Kommerzialisierung von Liebe und Sexualität begann. Heute scheinen die Kämpfe ausgefochten, aber der Schein trügt. Der Erfolg von Büchern wie - Feuchtgebiete - oder - Fifty Shades of Grey -, die anhaltende Diskussion um die - Homoehe - oder das von der Regierung vertretene Frauenbild beweisen: die Entwicklung geht wieder zurück und ein sexueller Neokonservatismus ist auf dem Vormarsch. In - Vögeln ist schön - blickt Ulrike Heider auf die Sexualdiskurse der letzten 50 Jahre zurück. Von der späten Adenauer-Ära und der Studentenrevolte über die Frauen- und Schwulenbewegung bis zu den aktuellen Debatten über Pornographie, Sadomasochismus oder der Pädophilie-Debatte bei den Grünen geht sie der Frage nach, wie sich Sexualität zur historischen und politischen Entwicklung verhält. Sie vergleicht die Ideale von damals mit heutigen Normen, Tabus und Moralvorstellungen, benennt Auswirkungen, Erfolge und Versagen der Sexrevolte. Persönlich, kritisch, provokant!