Zu Beginn meiner Praxis arbeitete ich mit der Schematherapie. Diese Therapieform hatte mir selbst sehr geholfen,. als ich vor Jahren selbst in einer Krise steckte. So lag es nahe, mit der Schematherapie meine Klienten ebenso erfolgreich begleiten zu können, wie ich es selbst erlebt hatte. Inzwischen aber entwickelte ich meine Angebote weiter. Ich entdeckte, dass eine Psychotherapie nur dann wirklich effizient ist, wenn alle drei Ebenen des menschlichen Daseins – also auch die körperlichen Wahrnehmungen – gleich stark in die Therapie einbezogen werden. Damit ergeben sich zugleich gewaltige Vorteile und die Grundlage für eine schonende Traumatherapie gemäß der "Somatisch Emotionalen Integration" (SEI) von Dami Charf und des "Neuroaffektiven Beziehungsmodell" (NARM) von Laurence Heller. Die Therapiezeit hat sich seither im Durchschnitt um rund 50% verkürzt! Schematherapie setze ich allerdings weiterhin ein, wenn z.B. Schwierigkeiten aus dem Bereich „Borderline“ überwunden werden sollen.
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Warum ich nur bei speziellen Schwierigkeiten (z.B. „Borderline“) mit Schematherapie arbeite
Seit ca. 2017 weiß ich durch mehrere Fortbildungen, dass die Schematherapie die neurobiologischen Gesichtspunkte nicht berücksichtigt, wie ein menschliches Gehirn Informationen aufnimmt, sie bewertet, sie speichert und sie wieder abrufbar macht. Vereinfacht dargestellt, ist unser Gehirn in drei Schichten aufgebaut. Dieser Aufbau beruht auf der genetischen Entwicklungsgeschichte der Weiterentwicklung des Menschen.
Aufbau und Funktion des menschlichen Gehirn (stark vereinfacht)
In der untersten Schicht werden die grundlegenden körperlichen Funktionen gesteuert und reguliert, wie Atmung, Blutdruck, Verdauung und generell die organischen Funktionen. Die Reaktionsgeschwindigkeit dieser Schicht auf Reize aus der Außenwelt liegt im Bereich von einigen zehn Millisekunden. (1 Millisekunde = 1/1000 Sekunde)
In der zweiten Schicht verknüpft sich das emotionale Zentrum mit einem Teil der organischen Funktionen und mit Erfahrungswerten, die ein Mensch vorgeburtlich und bis zu seinem Lebensende macht. Man könnte diese Schicht noch einmal unterteilen in einen etwas höher entwickelten Bereich, in dem Erfahrungswerte des Lebensalltag und zugehörige Emotionen gespeichert sind. Dieser Bereich wird auch „implizites Gedächtnis” genannt. – Beispiel: Wie steuere ich all die Muskeln an, um ein Glas mit Wasser zu greifen, anzuheben, genau zum Mund zu führen, im richtiugen Winkel zu neigen und dann zu trinken und zu schlucken? oder: Wie mache ich das im Detail, die optimale Fahrgeschwindigkeit auf dem Fahrrad in einer scharfen Kurve auf Schotter-Untergrund richtig einzuschätzen?
Erfahrungen, die hier gespeichert sind, haben keinen zeitlichen Bezug dazu, wann diese Erfahrungen entstanden sind. Denn würden diese Informationen ebenfalls gespeichert, würde dieses Gehirnteil so komplex, dass es zugleich gefährlich langsam würde. Denn auch dieser Hirnteil hat zum Teil die Aufgabe, unser Überleben zu sichern. – Deshalb liegt auch hier die Reaktionsgeschwindigkeit im Bereich von 25 bis 50 Millisekunden.
Die dritte Schicht besteht aus dem sogenannten Neokortex. Das ist unser „Denk-Gehirn“. Es nimmt den größten Teil in unseren Köpfen ein und ist in der Informationsverarbeitung sehr komplex und hoch entwickelt. Im Gegensatz zum impliziten Gedächtnis hat es eine „Timeline“, eine Zeitspur, in die es Erlebnisse einordnet. Zudem sammelt es wie ein Staubsauger alle erdenklichen Informationen über den Menschen, dem es gehört, über andere Menschen und über den umgebenden Lebensraum. Alle diese Informations-Stückchen liegen eine Zeit lang bereit, für eine Wiederverwendung. Erfolgt keine Wiederverwendung, wird die Information allmählich wieder gelöscht, so wie ein Bild allmählich vergilben und verblassen kann. Zudem arbeitet das Gehirn selbstständig assoziativ: Das heißt, es stellt andauernd neue Gedankenverbindungen zwischen den vorhandenen Informations-Stückchen, den Reizen aus der Umgebung und auch den Signalen aus den anderen beiden Gehirnschichten her, interpretiert und bewertet diese und lässt uns Analysen, Schlussfolgerungen und schließlich Planungen und Entscheidungen treffen. Die Reaktionsgeschwindigkeit dieses komplexen Gehirnteils (Zeit ab Reiz bis zur Reaktion oder Handlung) beträgt ungefähr eine Sekunde.
Wofür ist es gut, wenn wir solch ein mehrschichtiges Gehirn haben?
Einfach gesagt: Diese Struktur hat uns sei einigen zehntausen Jahren das Überleben gesichert! – Wenn es im Gebüsch raschelt und es könnte der Säbelzahntiger sein, dann ist es nicht gerade sinnvoll, wenn unser Neokortex eine umfängliche Analyse darüber beginnt, ob es laut oder leise geraschelt hat und demnach der Tiger größer / gefährlicher oder ein Babytiger / harmlos sein könnte. In der Zeit des Nachdenkens hat der Säbelzahntiger uns längst erwischt. Deshalb reagiert in einer solchen Situation die zweite Gehirnschicht – und zwar im Millisekundenbereich: Es geht darum, sich blitzschnell für Kampf, Flucht oder Erstarrung zu entscheiden. Und zwar nicht durch Nachdenken, sondern durch nicht mehr zu verhinderndes, sofortiges Handeln / Reagieren. Und damit der langsame Neokortex nicht dazwischen funkt mit all seinem Nachdenken, wird dieser einfach umgangen, z.B. auch, indem neuronale Botenstoffe ihn lahm legen. (Deshalb kann man unter Angst oder Stress kaum etwas lernen.)
Die neurobiologische „Umgehung“ des Neokortex erfolgt auch durch nicht vorhandene neuronale Verbindungswege und zeigt sich z.B. darin, dass es nicht möglich ist, mit Hilfe des Neokortex nachzuschauen, welche Informationen und Alltagsroutinen in der ersten oder zweiten Gehirnschicht gespeichert ist.
Was bedeutet dies nun für die Psychotherapie?
Die meisten psychischen Schwierigkeiten entstehen durch belastende lebensgeschichtliche Erfahrungen, deren Bewertung und den daraus entstehenden Denk- und Handlungsmustern sowie emotionalen Mustern und ebenso den Mustern von Körperreaktionen und Körperempfindungen. Und diese sind in der zweiten Gehirnschicht gespeichert. – Dabei möchte ich betonen, dass es nicht auf die Stärke der Belastung oder deren Dauer ankommt, sondern ausschließlich darauf, wie ein Mensch diese Belastung realistisch und konstruktiv verarbeiten konnte! Viktor Frankl war jahrelang in verschiedenen Konzentrationslagern, hatte aber die persönlichen Ressourcen, diese furchtbare Zeit ohne psychische Schäden zu durchleben!
Wie oben gerade ausgeführt, ist es nicht möglich, mit Hilfe des Neokortex nachzuschauen, was in der ersten oder zweiten Gehirnschicht gespeichert ist. Eine Psychotherapie, die sich überwiegend auf das Nachdenken und Besprechen von Schwierigkeiten richtet und somit überwiegend im Neokortex statt findet, bleibt an der Oberfläche und kann eher lediglich symptom-bekämpfenden oder beratenden Charakter haben. Die Ursachen werden damit nicht behoben, sodass meist nach einiger Zeit die gleichen oder andere Symptome wieder auftreten werden.
Wenn aber wirklich ursächlich und somit nachhaltig therapiert werden soll, so muss auch mit den Erfahrungsmustern in der zweiten Gehirnschicht gearbeitet werden. Liegen dort – wie bei den meisten Menschen – zum Beispiel Erfahrungen aus der Kindheit gespeichert, dass man schlimme Konsequenzen zu spüren bekommt, wenn man sich einem anderen Menschen gegenüber abgrenzt und NEIN sagt, so sind diese Erfahrungen nicht über die dritte Gehrinschicht, den Neokortex, erreichbar und veränderbar! Veränderungen der dort gespeicherten Erfahrungen sind nur möglich, wenn der Mensch neue, korrigierende Erfahrungen machen kann, die den alten Erfahrungen widersprechen und zudem stark positiv erlebbare Vorteile bieten. Dann werden die alten Erfahrungen überschrieben. Sie verblassen, bis sie ganz ersetzt sind. Wenn die neuen, korrigierenden Erfahrungen verbunden sind mit Erfolg und Lustgewinn, so erfolgt die Überschreibung der alten Erfahrungsmuster schneller und gründlicher.
Ein Update in der zweiten Gehirnschicht ist nötig: Die alten, meist noch aus der Kindheit stammenden Erfahrungen benötigen also ein Update, weil sich die Lebensbedingungen des nunmehr erwachsenen Menschen drastisch von den eingeschränkten Möglichkeiten des Kindes unterscheiden. Aufgabe der Psychotherapie ist es demnach, nicht irgend eine (tatsächlich nicht vorhandene) psychische Störung oder Krankheit zu „heilen“, sondern den Klienten dabei zu begleiten, veraltete und nicht funktionierende Erfahrungen zu erkennen und in den damaligen Sinn-Zusammenhang einzuordnen. Und aufgrund dieses tieferen Verständnis für sich selbst sich mutig neuen Situationen zu stellen, um neue konstruktive Erfahrungen zu machen und damit das dringend nötige Update einzuspielen.
Die zweite Gehirnschicht ist in der Therapie am besten durch die Emotionen und die Körperwahrnehmungen erreichbar. Die kognitive Ebene (die des Neokortex) wird benötigt, um die in der Therapie wahrgenommenen und bewusst gewordenen Dinge einzuordnen und dafür zu sorgen, dass die Gelegenheiten des alltäglichen Leben dazu genutzt werden, bewusst neue korrigierende Erfahrungen zu machen.
Engagierte Forscher und Psychotherapeuten wie z.B. Bessel van der Kolk und Stephen Porges forschten zum neurobiologisch-psychotherapeutischen Zusammenhang. Peter Levine und Laurence Heller entwickelten auf der Grundlage dieser Erkenntnisse ihre Therapiemethoden zur therapeutischen Bearbeitung der Folgen von Schocktrauma (Peter Levine: Somatic Experiencing) und Entwicklungstrauma (Laurence Heller: die NARM-Methode). Darauf aufbauend entwickelte Dami Charf ihren Therapieansatz "Somatisch Emotionale Integration" (SEI).
Traumatherapie – Schocktrauma
Ein Schocktrauma kann entstehen, wenn in einem Ereignis etwas Überraschendes, Überforderndes geschieht, das zugleich mit großer Angst und Hilflosigkeit verbunden ist. Das schockierende Erlebnis mitsamt den überfordernden Emotionen und Körperwahrnehmungen wurde in der ersten und zweiten Gehirnschicht gespeichert, aber es kann nicht verarbeitet und zeitlich eingeordnet werden. Zudem steckt die Energie des Schocks noch immer im neuronalen System und kann nicht abfließen, sodass der Erregungszustand des Schocks anhält. Betroffene eines Schocktrauma stecken in einer „Zeitschleife“ fest, weil die zeitliche Einordnung sowie die Bewertung des Erlebnisses in der zweiten Gehirnschicht nicht möglich ist. Und der Neokortex bemüht sich angestrengt aber vergeblich darum, diese "Zeitschleife" zu durchbrechen und zu einer Lösung zu kommen – obwohl das Schockerlebnis schon längst vorbei ist. Peter Levine hat mit seinen relativ einfachen aber äußerst wirksamen körperorientierten Therapiemethoden Möglichkeiten geschaffen, diesen nicht erfolgten Verarbeitungsprozess unter Einbeziehung der Körper-Ebene anzuregen und die Spannungen abfließen zu lassen, sodass eine Verarbeitung des Erlebnisses nachträglich auch im Neokortex erfolgt.
Ein Entwicklungstrauma entsteht meist, wenn die (von der Schematherapie völlig richtig erkannten) kindlichen / menschlichen Grundbedürfnisse massiv verletzt werden und sich das Kind daher in einer hilflosen, überfordernden, ausweglosen Situation befindet, die länger andauert und meist von seinen Bezugspersonen, von denen es existenziell abhängig ist, geschaffen wird. Das KInd sieht in seinen Bezugspersonen grundsätzlich positive und starke Vorbilder und ist sich über seine existenzielle Abhängigkeit vom Wohlwollen der der Bezugspersonen klar. Werden die Grundbedürfnisse nicht erfüllt, so schließt das Kind daraus, dass mit ihm selbst irgend etwas nicht stimmt und dass es so, wie es gerade ist, nicht willkommen oder gar unerwünscht ist. Das Kind nimmt sozusagen die Defizite der Bezugspersonen auf sich. Es wird alles Erdenkliche dafür tun und wird seine grundlegendsten Bedürfnisse und Emotionen dafür verraten, damit die Bindung zu den Bezugspersonen niemals gefährdet wird. Zuigleich sieht es sich selbst oder einen Teil von sich selbst als „schlecht“ oder „schuldig“ oder „mangelhaft“ oder „nicht liebenswert“ an. Zugleich schämt es sich für diesen Anteil und neigt dazu, diesen Anteil zu unterdrücken und zu bekämpfen. So entsteht im Kind ein grundlegender und existenzieller Konflikt mit sich selbst, ein innerer Konflikt, aus dem das Trauma besteht.
Unterschied zwischen Schocktrauma und Bindungs- / Entwicklungstrauma
Beim Schocktrauma steckt der Betroffene in einer Art Zeitschleife fest. Seine Schwierigkeit liegt darin, das schockierende Ereignis korrekt in die Zeitspur einzuordnen, die Bedeutung des Schocks realistich zu bewerten und die Anspannung aus dem Nervensystem abbauen zu können. Die Methoden von Peter Levine's Somatic Experiencing" (SE) sind hier die derzeit wirksamsten, können aber auch gut mit EMDR und anderen Methoden ergänzt werden – je nachdem, was ein Klient gerade am besten nutzen kann. Die Therapiedauer ist bei der Bearbeitung von Schocktrauma-Folgen meist relativ kurz – zumindest im Vergleich zu
Das Bindungs- / Entwicklungstrauma unterscheidet sich grundlegend vom Schocktrauma, weil der Klient einen Konflikt mit sich selbst hat. Zudem sind durch diesen Inneren Konflikt und die sich daraus entwickelnden ungünstigen Glaubenssätze, Strategien und Narrative die Entwicklung von sozialen und emotionalen Fähigkeiten sowie der Fähigkeit zur Selbstregulation des Nervensystems beeinträchtigt. Die Therapie muss also aufgrund der Komplexität der Traumafolgen mehrschichtig arbeiten. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit eines speziellen therapeutischen Vorgehens, was durch die oben genannte SE von Peter Levine nicht geleistet werden kann. Ich habe mich mit mehreren realtiv neuen Methoden beschäftigt, wie z.B. der Schematherapie, der EgoState-Therapie, der Arbeit mit dem Inneren Kind, mit EMDR, mit Imagination und Umschreiben (Imaginery and Rscripting), mit SE, NARM und SEI und habe aus allem die Methoden ausgewählt, die zu meinem therapeutischen Verständnis und auch zu mir als Therapeut passen und sich in meiner Praxis bisher bewährt haben.
Grundlage ist immer die Haltung der Achtsamkeit, sowohl auf Seiten des Klienten als auch auf meiner Seite. Der Ablauf bzw. die Struktur einer Therapiestunde ist immer prozess-orientiert. Das heißt, immer das, was der Klient gerade in die Stunde einbringen will, ist der Inhalt der Stunde. Meine Aufgabe ist es, die geeignete Form der Bearbeitung anzubieten für das Anliegen des Klienten in Verbindung mit seinen individuellen Verarbeitungsmöglichkeiten.
Trotz des prozess-orientierten Arbeitens gibt es eine übergeordnete Struktur, nach der die Folgen eines Bindungs- / Entwicklungstraumaa bearbeitet werden:
In der ersten Phase geht es darum, in der Beziehung zwischen Klient und Therapeut Vertrauen, Zuversicht und Sicherheit sich entwickeln lassen. Zugleich wird die Haltung der Achtsamkeit vermittelt. Dabei können bereits Schwierigkeiten des Klienten in seinem Alltag in Bezug gesetzt werden zur Haltung der Achtsamkeit und wie diese helfen kann, z.B. Eskalationen zu vermeiden und die Fähigkeiten zur Selbstregulation zu verbessern. Ferner vermittele ich in dieser ersten Phase die Prinzipien des Bindungs- / Entwickungstrauma an Beispielen, die der Klient aus seiner Erfahrungswelt benennt. HIeraus kann der Klient erleben, dass er seinen Schwierigkeiten nicht hilflos ausgeliefert ist, sondern sich mit therapeutischer Begleitung – doch aber letztlich aus eigener Kraft aus den Schwierigkeiten selbst befreien kann. Diese meist als neu erlebte Selbstwirksamkeit ist eine Kraft, die den Klienten ermutigt, auch unangenehmere Schritte in der Therapie mutig vorwärts zu gehen.
Im zweiten Schritt benennt der Klient sein aktuell brennendstes Problem und beschreibt auch, wie sich sein Leben anfühlen würde, wenn er konstruktive Lösungen für dieses Problem hätte. Auf Augenhöhe und freundschaftlich-wohlwollend interessiert erkunden dann Klient und Therapeut, was dem Klienten denn im Wege steht, dieses Ziel zu erreichen. Dieses Hindernis ist meistens das BIndeglied zu einem traumatischen Erleben aus der Kindheit. Es wird also niemals – wie oft bei der Tiefenpsychologie üblich – "die ganze Kindheit" durchgegangen und analysiert, sondern nur das einzelne Ereignis, das die größte Wirkung hat auf die Bildung des Hindernis.
Im dritten Schritt kann der Klient die Glaubenssätze, die (Über-)Lebensstrategien und die Narrative erkennen, die er als Kind in seiner Not entwickelt hat, um damals mit der schlimmen Situation besser zurecht kommen zu können – oder gar um damals überhaupt überleben zu können. Die so erkannten drei Faktoren kann der Klient nun in Bezug setzen zu den Körperempfindungen, Emotionen, Denkmustern und Verhaltensweisen heute.
Im vierten Schritt lässt der Klient seiner Fantasie freien Lauf, wie er denn die in der heutigen Lebenswirklichkeit als schwierig empfundenen Situationen besser lösen könnte, wie sich solche besseren Lösungen auf seine Körperempfindungen, seine Emotionen, sein Denken und Handlen auswirken würden. Und dann ist er bereit dazu, diese Veränderungen vorsichtig im Lebensalltag auszuprobieren. Ebenfalls Bestandteil dieses vierten Schrittes kann sein, dass der Klient seine aufgrund der Traumatisierung weniger gut entwickelten Kompetenzen nach-entwickeln kann. Schwerpunkt dieser Nachentwicklung sind besonders soziale Fähigkeiten und generell das Thema Bindung und Beziehung.
Da es meistens mehrere solcher "brennendsten Probleme" bzw. "Baustellen" gibt, muss dieser Prozess der Stufen 2 bis 4 für jede einzeln durchlaufen werden. Da der Klient nun aber bereits an die guten Erfahrungen aus der Bearbeitung der ersten "Baustelle" anknüpfen kann, sind die weiteren Therapiethemen meist deutlich schneller bearbeite, als das erste Thema.
Schematherapie oder andere Methoden zur Bearbeitung der Folgen eines Bindungs- / Entwicklungstrauma?
Die Schematherapie wurde entwickelt, um das, was wir heute „Folgen eines Bindungs- oder Entwicklungstrauma“ nennen, effizient und schonend therapeutisch bearbeiten zu können. Dabei lag aber – zumindest aus meiner heutigen Sicht – der Schwerpunkt auf Klienten, deren Traumafolgen mit der Bezeichung „Borderline-Syndrom“ beschrieben werden können. Das „Borderline-Syndrom“ ist gekennzeichnet durch eine enorme Vielfalt an Symptomen, sodass es ein „typisches Borderline-Verhalten“ nicht gibt. Wohl aber ist es meistens daran erkennbar, dass der Klient dazu neigt, sprunghaft bestimmte Rollen einzunehmen, die in der Schematherapie als Schema-Modi bezeichnet werden, wie z.B. „der wütende, impulsive Modus“, der „überkritische, strafende Modus„, der „Selbstschutz-Modus“, der „verlassene / missbrauchte Modus“ und der Modus des „konstruktiven kompetenten Erwachsenen“. In der Schematherapie geht es darum, dass der Klient sich dieser Modi bewusst wird, deren Entstehung / Ursachen versteht und Möglichkeiten erlernt, die mit den Modi entstehenden Spannungen im Sinne von Selbstregulation auszugleichen. Während dieser Therapiephase unterstützt der Therapeut den Klienten, indem er dort für Struktur sorgt, wo es dem Klienten noch nicht möglich ist.
Ein solch stark strukturiertes, anleitendes und stützendes Vorgehen in der Therapie ist aber nicht für alle Klienten passend und könnte dann auch als bevormundend erlebt werden.
Zusammenfassend ist meine Erkenntnis:
Die Schematherapie berücksichtigt meiner Ansicht nach zu wenig die bis hierher beschriebenen neurobiologischen Zusammenhänge und bezieht auch die Körper-Wahrnehm,ungen zu wenig in die Therapie mit ein. Die Erfahrungswerte, die in der zweiten Gehirnschicht verändert werden müssen, werden durch Schematherapie zu wenig erreicht, ausgenommen dann, wenn innerhalb der Schematherapie erlebnis-basierte Methoden angewendet werden, aus denen neue, korrigierende Erfahrungen hervor gehen. Schematherapie war ein wichtiger Baustein in der Entwicklungsgeschichte der neueren Psychotherapie. Wertvoll sind die empirisch festgestellten Grundbedürfnisse eines Menschen und die Folgen einer Missachtung dieser Grundbedürfnisse, speziell in der KIndheit und Jugend. Auch die Sichtweise der Schematherapie, dass es weniger darum geht, etwas „krankhaftes, gestörtes“ zu heilen, sondern um die Nach-Entwicklung von Fähigkeiten, die aufgrund einer belasteten Kindheit eingeschränkt sind. Mit dieser therapeutischen Grundhaltung arbeite ich auch heute.
Falls Sie an meinem ursprünglichen Beitrag über Schematherapie noch interessiert sind:
Schematherapie beruht auf einer engen Kombination aus Tiefenpsychologie und Verhaltenstherapie. Sie bietet eine auch für Laien leicht verständliche Sichtweise auf Bewältigungsstrategien, die durch stark kränkende Erlebnisse in Kindheit und Jugend entstanden sind und auch im Erwachsenen-Alter die freie Lebensgestaltung beeinträchtigen. Diese Strategien verleiten zu ungünstigen Problemlösungen oder zu belastenden Situationen, die immer wieder kehren, obwohl man alles dafür tut, dass sich die Wiederholung nicht ereignet. – Aber was ist Schematherapie genau?
Der Psychologe Frederic Charles Bartlett hat schon um 1930 herum den Begriff des „Schema” in der Psychologie begründet. Mit dem Begriff Schema soll der Einfluss eines vorhandenen Vorwissens auf die Wahrnehmung und Speicherung neuer Informationen bezeichnet werden. – Oder anders gesagt: Wir alle sehen die Gegenwart und Zukunft nicht objektiv, sondern gefiltert durch unsere bisherigen Lebenserfahrungen. Jean Piaget hat diese Ansätze 1976 verfeinert und ein „entwicklungsorientiertes Schemakonstrukt” beschrieben.
Jeffrey Young griff all diese Entwicklungen in den 1980er Jahren auf und veröffentlichte schließlich 1990 sein erstes Schemamodell. Er hat die Schematherapie entwickelt, um lebensgeschichtlich entstandene psychische Probleme bearbeiten, verringern oder beheben zu können. Derartige Probleme äußern sich oft durch Symptome wie BurnOut, Depression, Ängste, Phobien, Zwänge, Partnerschafts- und Beziehungsprobleme, sexuelle Schwierigkeiten und Vieles mehr. Die lebensgeschichtlichen Ursachen für diese Probleme sind meistens nicht offensichtlich, sondern können erst in der Therapie gefunden werden.
Schematherapie ermöglicht eine alternative, erfreuliche Psychotherapie im Sinne einer Nach-Entwicklung
neue Sichtweise: Aus der „Therapie von Störungen” wird eine „Nachentwicklung für's Leben”
Mit der Anwendung der Schematherapie vermeide ich eine oft als etikettierend und stigmatisierend empfundene Unterscheidung zwischen „normal” und „krank / gestört”. Jeder Mensch, der leidvolle Erlebnisse in seinem Leben und keine Anleitung hatte, damit angemessen umzugehen, wird auffällige Eigenheiten entwickeln, die z.B. sozial störend wirken können oder zu einer verzerrten, leidvollen Wahrnehmung der Realität führen können. Es handelt sich um einen ganz „normale” Reaktion, die deshalb nicht „krankhaft” oder „gestört” sein kann! Psychische Symptome sind demnach meiner Ansicht nach kein Zeichen einer „Krankheit” oder „Störung”, sondern lediglich sichtbar werdende ungünstige Bewältigungsstrategien, mit denen ein Mensch (vergeblich) versucht, sein Leid zu lindern oder herausfordernde Situationen zu meistern. Und dies gelingt einfach nur deshalb nicht, weil er keine Anleitung zu konstruktiven Lösungen hatte!
Ich meine, dass über 80% aller psychischen Schwierigkeiten darauf beruhen:
dass in der Kindheit und Jugend bestimmte Erfahrungen ungünstig verlaufen sind oder nicht gemacht werden konnten oder
dass in der Kindheit und Jugend eine geeignete Anleitung nicht oder nur unzureichend zur Verfügung gestanden hat oder
dass in der Kindheit und Jugend schwerwiegende Verletzungen (traumatisierende Ereignisse) stattgefunden haben.
Solche Erfahrungen oder Erlebnisse beeinträchtigen die Entwicklung von natürlichen und sozialen Fähigkeiten und führen sehr oft – spätestens im Erwachsenen-Alter zu Schwierigkeiten oder Auffälligkeiten. Die Schematherapie zielt auf eine Nach-Entwicklung dieser Fähigkeiten ab. Und aus dieser Sichtweise heraus leite ich ab: Statt „Therapie” biete ich eine „Nachentwicklung für's Leben” an. So verwandelt sich „Psychotherapie” zur „Nachschulung” und zur erfreulichen Chance für ein gelingendes Leben!
Diese Sichtweise ist die Grundlage für meine Psychotherapie:
Ich vermeide mit meiner Sichtweise alle stigmatisierenden, etikettierenden Diagnosen und erspare meinen Klienten damit jede Form von Scham und Beschämung. Mit der Schematherapie gewinnen meinen Klienten ein sehr tiefes Verständnis für ihre Psyche und die Zusammenhänge, wie sie zu dem geworden sind, der sie heute sind. Meine Klienten finden eine leicht verständliche und stimmige Erklärung für ihre Schwierigkeiten. Dieses neue Verständnis erzeugt enormen Mut und ein erstes Selbstvertrauen, aus eigener Kraft etwas für sich selbst tun zu können. Meine Klienten erkennen, dass sie ihren Problemen nicht länger hilflos ausgeliefert sind.
Schemata entstehen durch massive Nicht-Erfüllung von menschlichen Grundbedürfnissen
Die Kernbedürfnisse jedes Menschen wurden bei der Entwicklung der Schematherapie empirisch gefunden. Sie stimmen mit vielen früheren psychologischen Erkenntnissen überein. Nachfolgend die Liste der Kernbedürfnisse, die besonders bei Kindern und Jugendlichen erfüllt werden sollten, damit sie bestmögliche Chancen für ein erfülltes Leben haben.
Ermutigung und Anleitung zur Selbstwirksamkeit und zur Entfaltung der Potenziale
Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe
Respekt, Beachtung, Berücksichtigung
Freiheit zum Ausdruck von Gefühlen + Bedürfnissen, Freizeit, Spiel und Spaß
Möglichkeit und Anleitung zu Kontrolle und Abgrenzung, Autonomie
Anerkennung, Wertschätzung, Lob
Angemessene Grenzen (auch Werte, Maßstäbe)
Folgen einer massiven Verletzung von Grundbedürfnissen
Ein Schema im Sinne der Schematherapie entsteht in einer früher erlebte Lebenssituation, die mit allen Sinneseindrücken, Gefühlen, Erwartungen und einem Teil der Umgebungssituation gespeichert wird und die prägenden Charakter hat. Der prägende Charakter entsteht meist durch eine quälende, leidvolle Situation, die auf die Nicht-Erfüllung von menschlichen Kernbedürfnissen, von Überforderung und / oder verletzter Würde zurück zu führen ist, und in der der Mensch eine Bewältigungsstrategie erfunden hat, um sein Leid zu vermindern oder zu vermeiden.
Erlebt der Betroffene seine Bewältigungsstrategie als erfolgreich, verankert sich diese Strategie im Gedächtnis (Software) und wird zusätzlich durch neuronale Verknüpfungen im Gehirn (Hardware) gesichert. Dieser Verarbeitungsvorgang hat sich in der Evolution genetisch verankert und ist eigentlich sehr positiv, weil sich dadurch ein erfolgreiches Verhalten durchsetzt, das eventuell sogar das Überleben sichert.
Schädlich wird dieser Vorgang, wenn die erlernte Bewältigungsstrategie sich als Automatismus verselbstständigt. Der Betroffene kann dann sein Verhalten nicht mehr situationsbezogen frei wählen: Sobald der Betroffene eine Situation erlebt, die der damaligen Situation ähnelt, springt der Automatismus an. Die Erinnerung ruft die alten Gefühle wach und die alten Bewältigungsstrategien und Verhaltensmuster laufen ab, weil das damals erlebte Leid auch im Heute befürchtet wird und vermieden werden soll. Dabei lässt der Betroffene außer Acht, dass er aktuell als erwachsener Mensch viel erfolgreichere Möglichkeiten hätte, mit einer solchen Situation umzugehen, als damals. Das „automatische Verhaltensmuster” läuft ab, obwohl der Betroffene dies nicht will. Er hat nicht mehr die Freiheit der Wahl in seinem Verhalten.
Die Intensität und der Umfang der Automatismen ist völlig unterschiedlich. Milde Automatismen können z.B. das Erröten in bestimmten Situationen sein, eine Schüchternheit vor dem anderen Geschlecht oder die Sorge, von anderen nicht Ernst genommen zu werden. Es kann sich auch in mangelnder Kritikfähigkeit äußern oder z.B. auch in schwer beeinträchtigenden Symptomen wie Ängsten, Phobien, Zwängen, Depressionen und auffällig oft auch in der „bipolaren Problematik”.
Diese Automatismen und ihren Ursprung bezeichnet die Schematherapie als Schema (Mehrzahl = Schemata). Die Schemata werden gemäß der Art des erlittenen Mangels bei der Erfüllung der Grundbedürfnisse in 19 Themenfelder unterteilt. Diese Themenfelder wurden empirisch bei der Mehrheit aller Patienten / Klienten gefunden:
Die 19 Themenfelder der Schemata in der Schematherapie
Emotionale Vernachlässigung
Verlassenheit und Instabilität (im Stich gelassen)
Misstrauen / Gewalterfahrung
Isolation
Unzulänglichkeit / Scham
Unattraktivität
Erfolglosigkeit / Versagen
Abhängigkeit / Inkompetenz
Verletzbarkeit
Verstrickung / unentwickeltes Selbst
Anspruchshaltung / Grandiosität (Besonders Sein)
Unzureichende Selbstkontrolle / Selbstdisziplin
Unterordnung / Unterwerfung
Aufopferung
Streben nach Zustimmung und Anerkennung (Beachtung suchen)
Schemata im Sinne der Schematherapie beschreiben also typische Lebenssituationen, in denen die gesunde Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse nicht erreicht und erlernt werden konnte und folglich ein nur schlecht funktionierender Ersatz als Lösung für die Bedürfnisbefriedigung erlernt wurde.
Es gehört allerdings leider zum heutigen Lebensalltag dazu, dass menschliche Grundbedürfnisse nicht erfüllt werden. Je jünger ein Mensch ist, um so mehr benötigt er dann eine angemessene emotionale Begeitung für das entstandene Leid und außerdem eine angemessene Anleitung zum konstruktiven Umgang mit der Verletzung und Frustration erfolgt ist. Aber auch als Erwachsener sind viele Situationen möglich, in denen ein leidvolles Erlebnis nicht mehr konstruktiv verarbeitet werden kann (z.B. aktiv oder passiv miterlebte Gewalt oder Unfälle, Mobbing usw.), sodass sich auch daraus noch Schemata bilden können.
Es ist selten, dass nur ein einzelnes Schema entsteht. Dies erklärt sich aus dem intensiven Zusammenhang der Kernbedürfnsse untereinander. So ist z.B. Geborgenheit, emotionaler Schutz und Vertrauen nur möglich, wenn zugleich auch die körperliche Sicherheit, Schutz, Versorgung sowie die Möglichkeit zur Abgrenzung, Autonomie und Kontrolle (und weitere Grundbedürfnisse) sicher gestellt sind. Zudem bilden sich meist auch Schemata heraus, die dazu beitragen, dass ein „Haupt-Schema” gestärkt wird oder aufrecht erhalten bleibt. Die recht kompliziert zusammen hängenden Schemata können am besten mit einer klar strukturierten Vorgehensweise bearbeitet werden, wie sie die Schematherapie bietet. Die Therapie erfordert auch nicht die Bearbeitung sämtlicher vorgefundener Schemata, sondern meist werden nur die Haupt-Schemata bearbeitet. Die anderen Schemata werden dadurch dann mehr oder weniger von selbst entkräftet.
komplizierte Psyche – wird mit einfachem Modell leicht verständlich
Das Modell der drei ICH-Anteile der Persönlichkeit
Mit diesem anschaulichen, leicht verständlichen Modell können sich meine Klienten ihre inneren psychischen Vorgänge bewusst machen. Sie können alte störende Prägungen und deren Auswirkungen im Heute verstehen und erkennen Ansatzpunkte zur Veränderung. Das Modell beinhaltet das Kind-ICH, das Erwachsenen-ICH und ein Zerstörer-ICH. Diese haben eine klare Rollenverteilung, so als würden sie auf einer Theaterbühne spielen, die sich in der Persönlichkeit des Menschen befindet. Darauf beruhen verschiedene Methoden. Eine davon ist z.B. die Beobachtung und aktive Gestaltung / Veränderung der „Inneren Dialoge”, die diese drei auf der „Inneren Bühne” miteinander führen. Dies wird verständlich, wenn man die Rollenverteilung anschaut:
Das Kind-ICH strebt nach unbegrenzter Lust / Lebenslust und benötigt dazu unbegrenzte Freiheit und unbegrenzte Macht. Das kann natürlich im Alltagsleben nicht funktionieren. Folglich ist eine Anleitung zu Einsicht und zur Selbstregulierung erforderlich. Dennoch bleibt das Kind-ICH der gefühlvolle und lustbetonte Teil der Persönlichkeit.
Das Erwachsenen-ICH beinhaltet die Fähigkeit zur Einsicht und Selbstregulierung und weitere mehr. Es bildet sich im Verlauf der Kindheit und Jugend und hat im Erwachsenen-Alter die Aufgabe, dem Kind-ICH ein wohwollend-fürsorglicher Elternteil zu sein. Es sollte dafür sorgen, dass die menschlichen Kernbedürfnisse des Kind-ICH erfüllt werden. Das starke Erwachsenen-ICH sorgt also dafür, dass das Kind-ICH glücklich ist.
Das Zerstörer-ICH ist der Anteil, der z.B. ständig antreibt, Leistung fordert oder der ständig abwertet / entwertet oder auch emotional erpresst und manipuliert. Dieser Anteil entsteht z.B. durch rigide, unterdrückerische Erziehungsmethoden, durch Gewalt usw. Es kann sich nur dort ausbreiten, wo sich das Erwachsenen-ICH und dessen Fähigkeiten nicht genug entwickeln konnte. – Daraus ergibt sich für die Therapie die Aufgabe, das Erwachsenen-ICH so zu stärken, und Fähigkeiten nachzuentwickeln, dass es seine Aufgabe dem Kind-ICH gegenüber als wohwollend-fürsorglicher Elternteil erfüllen un das Zerstörer-ICH erfolgreich vernichten kann.
Auf Grundlage dieses Modells lassen sich eine Vielzahl von Methoden anwenden, mit denen die alten Prägungen und die daraus entstandenen Bewältigungsstrategien nachhaltig überwunden werden können. Ebenso hilft dieses Modell dabei, die in der Therapie neu gewonnene Gestaltungsfreiheit (Freiheit der Wahl im Denken, Fühlen und Handeln statt der bisherigen Automatismen) konkret im Alltag einzuüben und erfolgreich zu nutzen.
Die Vorgehensweise und die Methodenvielfalt der Schematherapie hat mich schon damals begeistert, als ich sie als Patient kennen gelernt habe. Nach einigen vergeblichen Therapieversuchen empfand ich die Schematherapie als Lichtblick. Endlich verstand ich, was in mir vorging und sah erste Lösungsmöglichkeiten für meine Probleme!
Grob vereinfacht läuft Schematherapie wie folgt ab: Mit verhaltenstherapeutischen Ansätzen kann ein leidender Mensch (Depression, Ängste, Zwänge usw.) stabilisiert werden. Mit tiefenpsychologischen Methoden können die Ursachen für die Schwierigkeiten gefunden und aufgearbeitet werden. Und um die daraus gewonnenen Erkenntnisse im Alltag erfolgreich nutzen und umsetzen zu können, werden wieder verhaltenstherapeutische Methoden genutzt.
Die Schematherapie verwendet dabei Methoden aller Therapie-Schulen, so weit sie zum Konzept passen. So werden unter anderem auch Imaginationen eingesetzt, welche aus der Traumatherapie nach Luise Reddemann bekannt sind. Das schematherapeutische Modell der drei ICH-Instanzen nutzt die Anregungen aus der Transaktionsanalyse nach Eric Berne welche sich wieder auf das Freudsche Modell zurück führen lassen. Die Arbeit mit den ICH-Anteilen der Persönlichkeit ist teilweise bekannt aus der EgoState-Therapie nach Watkins, nutzt aber auch Rollenspiele und Imaginationen.
Und hier beschreibe ich den ganzen Therapievorgang im Detail:
Die erste Phase: Sehr oft kommen Menschen erst dann zu mir, wenn sie ihre Schwierigkeiten nur noch schwer zu ertragen sind. In diesem Zustand sind sie so geschwächt, dass ein sofortiger Einstieg in die eigentliche Therapie überfordernd wäre. Deshalb erlernen meine Klienten zunächst Methoden und Kniffe, mit denen sie sich aus eigener Kraft beruhigen und stabilsieren können. Sie erleben sich wieder als selbstwirksam und nicht länger hilflos der Problematik ausgeliefert. In dieser ersten Phase entwickelt sich auch das nötige Vertrauen in der Zusammenarbeit.
In der zweiten Phase, die sich oft mit der ersten Phase mischt, informiere ich über die psychischen Wirkungsmechanismen (man könnte auch von Psycho-Logik sprechen) aus Sicht der Schematherapie. Das geschieht nicht theoretisch, sondern anschaulich und „hautnah nachvollziehbar” an Hand von Beispielen für bisher misslingende alltägliche Situationen. Hierdurch verstehen meine Klienten was in ihnen vorgeht. Sie beginnen zu ahnen, wie die im Alltag sichtbaren Schwierigkeiten mit bestimmten, frühen lebensgeschichtlichen Erlebnissen zusammen hängen. Durch dieses tiefe Verständnis für sich selbst werden oft schon erste Lösungsansätze sichtbar. Das macht richtig Mut, nun auch die heißen Themen anzupacken! Und es schafft Selbstvertrauen und Zuversicht, die Therapie mit Erfolg abschließen zu können!
In der dritten Phase, die auch oft durch sogenannte Schema-Fragebögen unterstützt wird, spüren wir gemeinsam die Ursachen für die heutigen Schwierigkeiten auf. Mit verschiedenen Methoden, die sich meist schon seit Jahrzehnten in anderen Therapieverfahren bewährt haben, bearbeiten wir die Antriebskräfte, die zu den oben schon erklärten Scheinlösungen geführt haben und die bewirken, dass diese Scheinlösungen auch heute noch verwendet werden. Diese Antriebskräfte lösen wir auf oder schwächen sie zumindest stark ab. Meist werden dazu Imaginationen und Rollenspiele verwendet. Diese Phase kann man auch als tiefenpsychologische Therapiephase bezeichnen, weil viele Informationen aus dem Unterbewussten zugänglich werden und konstruktiv genutzt werden.
In der vierten Phase, die sich immer mit der dritten vermischt, werden die gerade tiefenpsychologisch gewonnen Erkenntnisse und Lösungen mit verhaltenstherapeutischen Methoden im Alltagsleben umgesetzt. Ich begleite meine Klienten hier auf einer spannenden Entdeckungsreise neuer Möglichkeiten im Denken, Fühlen und Handeln, weit jenseits der alten ungünstigen Verhaltensmuster. Die alten Muster werden so allmählich „verlernt” und durch neue, erfreuliche und konstruktive ersetzt.
Parallel zu allen Phasen optimieren meine Klienten ihre Fähigkeiten, mit sehr starken Gefühlen angemessen umgehen und sie regulieren zu können, ohne sie dabei zu unterdrücken. Ebenso optimieren meine Klienten ihre kommunikativen Fähigkeiten. So können sie sich angemessen durchsetzen, Gefühle und Bedürfnisse besser ausdrücken und Konflikte friedlich lösen. Meist gewinnen meine Klienten insgesamt eine kooperative Grundhaltung in der Gestaltung von Beziehungen.
Umfangreiche Informations- und Arbeitsunterlagen erhalten meine Klienten während der gesamten Therapie. Diese verstärken den gesamten Veränderungsprozess zusätzlich. Außerdem können meine Klienten von jeder Therapiestunde eine Tonaufzeichnung in hochwertiger Qualität erhalten und zwar direkt nach Stundenende. Fast alle meiner Klienten nutzen diese Möglichkeit und fast immer höre ich: „In einer Therapiestunde geschieht so enorm viel! Wenn ich die Aufnahme nicht hätte, würde ich viel zu viel verpassen und vergessen. Die Tonaufnahme und das spätere Abhören machen jede Therapiestunde doppelt so effizient!” Alle Informations- und Arbeitsunterlagen und auch die Tonaufahme sind in meinem Stundensatz enthalten. Lediglich die Schema-Fragebögen mit ihrer aufwendigen Auswertung muss ich gesondert berechnen.
Schematherapie bei Traumatisierung und Traumafolge-Problemen
Äußerst starke Automatismen können auftreten, wenn das Schema eine Traumatisierung beinhaltet hat. Unter Traumatisierung versteht man eine extreme Überforderungssituation, in der die neuronalen und emotionalen Möglichkeiten des Betroffenen nicht zur angemessenen Verarbeitung ausreichten. Das traumatisierende Geschehen wurde dann meist in voneinander getrennten Bruchstücken gespeichert ohne die Verbindungen untereinander. Mit einer solch bruchstückhaften Information kann das Gehirn auch im Nachhinein keine assoziativen Verbindungen herstellen und das Geschehnis konstruktiv bewerten, einordnen und verarbeiten. So reicht ein bestimmtes Geräusch oder ein Geruch aus, das traumatische Ereignis wach zu rufen, so als würde sich das damalige Geschehen heute wieder ereignen. Und die damaligen Reaktionen und Verhaltensweisen können auch heute wieder auftreten.
Bei der Bearbeitung von Traumata und Traumafolgen können die Imaginationstechniken, die in der Schematherapie sowieso schon meistens zum Einsatz kommen, in einer Art und Qualität eingesetzt werden, wie es aus der Psychoimaginativen Traumatherapie (PITT) von Luise Reddemann bekannt ist. Zur Stabilisierung in den Imaginationen kann auch EMDR (nach Francis Shapiro) eingesetzt werden.
Psychoedukation der Schematherapie: Therapeut und Klient auf gleicher Augenhöhe
Viele Klienten sind in ihrem bisherigen Leben beschämt und abgewertet worden: Man hat ihnen vermeintliche oder tatsächliche Schwächen oder Unzulänglichkeiten vorgeworfen und ihre Würde verletzt. Und jetzt sind sie in einer Lebenssituation, wo sie die Begleitung eines Therapeuten in Anspruch nehmen müssen. Da besteht oft vor der ersten Begegnung mit dem Therapeuten eine Angst, sich in ähnlicher Weise wie damals beschämt zu fühlen, eben weil man sich schwach und hilflos fühlt, sein eigenes Leben nicht „in den Griff zu bekommen”.
Um diese Angst vor Beschämung so schnell wie möglich zu überwinden, zeige ich meinen Klienten, dass ich sie als kompetent in ihrer eigenen Sache ansehe. Sie erhalten von mir alle Informationen über die psychischen Wirkungsmechanismen, die Schwierigkeiten und Leid verursachen. Zusätzlich stelle ich zahlreiche Arbeitsmaterialien bereit, die die Erkenntnisprozesse und die Umsetzung der Erkenntnisse im Alltag fördern. Das alles ermöglicht ein angenehmes, partnerschaftliches Arbeiten „auf gleicher Augenhöhe” statt distanziertem Experten-Gehabe. Die Folge: Meine Klienten erleben sich nicht länger als schwach oder unzulänglich, sondern als Experten in eigener Sache – als selbstwirksam und zuversichtlich, ihre Schwierigkeiten überwinden zu können
meine Sichtweise ist keine Verharmlosung von schweren Symptomen!
Mit dieser Sichtweise möchte ich aber keineswegs die oft sehr beeinträchtigenden Probleme der Menschen verharmlosen! Wer (wie ich selbst damals) BurnOut und eine schwere Depression erlebt, wer sich Zwängen oder Ängsten machtlos ausgeliefert sieht oder wer Flashbacks aus traumatisierenden Gewalterlebnissen erleidet, der könnte sich damit eventuell nicht angenommen oder ernst genommen fühlen.
Tatsächlich sind aber alle diese Erlebnisse (Symptome) lediglich sichtbar gewordene, misslingende Bewältigungsstrategien oder Folgen der meist lange zurück liegenden Ursachen und demnach kein Zeichen einer „Störungen” oder „Krankheit”. Die meisten Menschen, die schwer erträgliche Dinge erlebt und erlitten haben, würden die ein oder andere Auffälligkeit in ihrem Denken, Fühlen und Verhalten zeigen. Symptome sind folglich ganz natürliche „normale” Reaktionen auf das Erlebte, das unverarbeitet geblieben ist, weil zur Verarbeitung die nötigen Fähigkeiten nicht ausgereicht haben. Diese Fähigkeiten können in der Schematherapie nach-entwickelt werden und dann die angemessene Verarbeitung des Erlebten nachgeholt werden.