Nichts gegen Spiritualität! Und Esoterik ist nur eine Frage der persönlichen Vorliebe. Aber ich habe sowohl mit mir selbst, als auch bei vielen anderen Menschen erlebt, dass die Beschäftigung mit Sprituellem oder mit Esoterik missbräuchlich dazu diente, die wirklich herausfordernden Themen zu vermeiden. Spiritualität und Esoterik wird dann missbräuchlich als Vermeidungsstrategie eingesetzt.
Einblick in meine Praxis
Abgrenzung zu spirituellen oder esoterischen Angeboten
Warum diese Abgrenzung für die Therapie wichtig ist
Nichts gegen Spiritualität! Und Esoterik ist eine Frage der persönlichen Vorliebe. Aber ich habe sowohl mit mir selbst, als auch bei vielen anderen Menschen erlebt, dass die Beschäftigung mit Sprituellem oder mit Esoterik auf missbräuchliche Weise dazu diente, die wirklich herausfordernden Themen zu vermeiden. Spiritualität und Esoterik wird dann missbräuchlich als Vermeidungsstrategie eingesetzt. Im Folgenden möchte ich meine Ansicht genauer darstellen:
kein Fundament, wenn man den fünften Schritt vor dem ersten tut…
kein Fundament, wenn man den fünften Schritt vor dem ersten tut…
Was machen Sie, wenn Ihr Haus brennt? Gehen Sie so weit weg, dass Sie die Flammen und den Rauch nicht mehr bemerken? Werden Sie aus dieser Entfernung womöglich anfangen, auf Ihrem Smartphone zu daddeln?
Aber Menschen mit psychischen Schwierigkeiten, die sich intensiv mit spirituellen oder esoterischen Themen beschäftigen, statt sich um eine solide Psychotherapie zu bemühen, verhalten sich so!
Dabei müsste klar sein, dass größere psychische Schwierigkeiten eine unverzerrte Sicht auf die Lebenswirklichkeit behindern und daher eine freie spirituelle Entwicklung verhindern.
Kennen Sie die Bedürfnispyramide von Abraham Maslow? Er war ein Psychologe und Sozialforscher, der grundlegende Prinzipien der humanistischen Psychologie erkannte und formulierte. So erforschte er u.a. die menschliche Entwicklung, wie sie mit der Lebenserfahrung und auch mit dem Alter voran schreitet – oder im günstigen Fall voran schreiten sollte.
Natürlich ist diese Pyramide und somit Rangfolge menschlicher Bedürfnisse nicht streng so zu verstehen, dass z.B. kognitive Bedürfnisse erst dann befriedigt werden können, wenn zuvor die individuellen Bedürfnisse befriedigt worden sind. Aber klar dürfte sein, dass wenn die Sicherheitsbedürfnisse eines Menschen nicht erfüllt sind, z.B. durch Krieg und Gewalt, wohl kaum das Bedürfnis nach Ästhetik oder Selbstverwirklichung im Vordergrund stehen kann.
Es muss also erst ein Fundament da sein, auf dem sich die menschliche Entwicklung aufbauen kann. Wenn aber – wie bei den meisten Menschen – die Grundbedürfnisse im Baby-Alter oder in der Kindheit nur unzureichend erfüllt worden sind, dann entstehen psychische Schwierigkeiten, die einer gesunden und uneingeschränkten Entwicklung bis zur Spitze der Pyramide und somit zur Spiritualität im Wege stehen.
mangelnde Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse führt fast immer ins Trauma
mangelnde Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse führt fast immer ins Trauma
Die Begründer der Schematherapie haben durch empirische Forschung eine Liste grundlegender menschlicher Bedürfnisse erstellt. Besonders, wenn diese Grundbedürfnisse im Baby-Alter oder in der Kindheit unzureichend erfüllt wurden, entsteht fast immer ein Bindungs- und Entwicklungstrauma. Prüfen Sie einfach mal die einzelnen Punkte in dieser Liste darauf, ob in Ihrere Kindheit diese Bedürfnisse erfüllt worden sind:
- körperliche Sicherheit, Schutz, Versorgung
- Angenommen-Sein wie man ist
- sichere stabile Bindungen, Kontinuität, Zuverlässigkeit
- Geborgenheit, emotionaler Schutz, Vertrauen
- emotionale Zuwendung, Mitgefühl, Trost
- Ermutigung und Anleitung zur Selbstwirksamkeit und zur Entfaltung der Potenziale
- Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe
- Respekt, Beachtung, Berücksichtigung
- Freiheit zum Ausdruck von Gefühlen und Bedürfnissen, Freizeit, Spiel und Spaß
- Möglichkeit und Anleitung zu Kontrolle und Abgrenzung, Autonomie
- Anerkennung, Wertschätzung, Lob
- Angemessene Grenzen (auch Werte, Maßstäbe)
Nichterfüllung von Grundbedürfnissen führt zu psychischer Not, aus der heraus der Betroffene Strategien entwickeln muss, um nicht unter zu gehen. Diese Strategien werden teilweise auch im Erwachsenenalter beibehalten. Sie führen im Ergebnis dazu, dass sich die leidvollen Erfahrungen aus der Kindheit – also das, was man als Kind mit der Strategie vermeiden wollte – ständig wiederholt – wie ein Wiederholungsmuster.
Nur durch die Begleitung von Therapeuten, die auf die Bearbeitung von solchen Traumafolgen spezialisiert sind, können die Betroffenen sich von den „Schatten der Vergangenheit” befreien. Diese bildhafte Beschreibung „Schatten der Vergangenheit” trifft es sehr gut, denn die Schatten verhindern, dass der betroffene Mensch die Lebenswirklichkeit unverzerrt und klar sehen kann.
Solch eine Therapie ist schon aufwendig, wird zeitweise sicher auch als mühsam empfunden und erfordert zudem, sich mit den schmerzhaften Erlebnissen von damals wenigstens ein Stück weit auseinander zu setzen.
Um sich dies zu ersparen, flüchten manche Menschen die Welt der Spiritualität oder Esoterik. Es ist eine Strategie, den Aufwand einer Therapie zu vermeiden und oft sich zugleich den „Vorteil” zu verschaffen, sich als „besonders hoch entwickeltes Wesen” anderen Menschen gegenüber überlegen zu fühlen und sich zudem unangreifbar zu machen gegenüber eventueller Kritik. Es kann sogar ein „geschlossenes Denksystem” daraus werden, das im Prinzip an Wahnvorstellungen erinnert.
Die behauptete hohe Entwicklungsstufe ist bei missbräuchlichem Engagement in Spritualität nicht vorhanden. Im Gegenteil: mit dieser Strategie wird jegliche Weiterentwicklung und auch jeder Therapieversuch verhindert.
Flucht ins Spirituelle oder Esoterische?
Flucht ins Spirituelle oder Esoterische?
Seit den Jahren ab ca. 2020 – vielleicht auch mit verursacht durch die Corona-Zwangsmaßnahmen – beobachte ich eine drastische Zunahme an „sprituellen Angeboten und Dienstleistungen aller Art”, Chakrenheilung, Aura-Lesen und Vieles mehr. Auch die verschiedenen Religionsgemeinschaften / Kirchen sind auf diesen Trend aufgesprungen.
Schlimm wird es, wenn manche Anbieter behaupten, sie würden damit Therapie / Heilung anbieten. Wer glaubt, hier würde eine „gehobene Form von Psychotherapie” geboten, kann schnell dabei abstürzen.
Ich habe damals meine Erfahrungen gemacht als Bhagwan-Anhänger (Osho) und später, als eine Heilpraktikerin mir „Reinkarnationstherapie” als wirksame Psychotherapie verkauft hat. Und heute sehe ich immer mehr Menschen, die glauben, ihr Unglück auflösen zu können, indem sie sich in die Spirituialität begeben.
Aus meiner heutigen Sicht ist mir klar, dass ich damals in diese Welten geflüchtet bin, statt mich meinen realen psychischen Schwierigkeiten zu stellen. Es hat meinen damaligen Leidensweg unnötig um etliche Jahre verlängert.
Im Rahmen der NARM-Methode von Laurence Heller lernte ich, wie die erste und unterste der von ihm kategorisierten fünf destruktiven psychischen Dynamiken wirkt:
Die anderen Menschen oder das Leben ist so unerträglich, dass man als Bewältigungsstrategie die Haltung einnimmt, gar nicht auf diese Welt zu gehören und sozusagen „über den banalen Dingen des Lebens” steht. Diese Haltung erspart dann die Auseinandersetzung mit sich selbst und den eigenen Schwierigkeiten. Zugleich kann man sich den anderen Menschen gegenüber überlegen fühlen, da man ja schon längst auf einer „höheren Entwicklungsstufe” unterwegs sei. Zudem wird man mit dieser Strategie unangreifbar gegenüber jeglicher Kritik und immun gegenüber jeglicher guten Empfehlung.
Klarstellung
Klarstellung
Da es mir in diesem Beitrag darum geht, den möglichen Missbrauch von „Spritualität” oder „Esoterik” anschaulich zu beschreiben, habe ich scheinbar beides „in einen Topf” geworfen.
Hier ein Versuch, Spiritualität zu beschreiben:
Spiritualität ist die Suche, die Hinwendung, die unmittelbare Anschauung oder das subjektive Erleben einer sinnlich nicht fassbaren und rational nicht erklärbaren, transzendenten Wirklichkeit, die der materiellen Welt zugrunde liegt. Spirituelle Einsichten können mit Sinn- und Wertfragen des Daseins, mit der Erfahrung der Ganzheit der Welt in ihrer Verbundenheit mit der eigenen Existenz, mit der „letzten Wahrheit“ und absoluter, höchster Wirklichkeit sowie mit der Integration des Heiligen, Unerklärlichen oder ethisch Wertvollen ins eigene Leben verbunden sein.
Es geht dabei nicht um gedankliche Einsichten, Logik oder die Kommunikation darüber, sondern es handelt sich in jedem Fall um intensive psychische, höchstpersönliche Zustände und Erfahrungen, die direkte Auswirkungen auf die Lebensführung und die ethischen Vorstellungen der Person haben.
Es existiert keine allgemein anerkannte Definition von Spiritualität.
Hier ein Versuch, Esoterik zu beschreiben:
Esoterik ist in der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs eine philosophische Lehre, die nur für einen begrenzten „inneren“ Personenkreis zugänglich ist, im Gegensatz zu Exoterik als allgemein zugänglichem Wissen. Andere traditionelle Wortbedeutungen beziehen sich auf einen inneren, spirituellen Erkenntnisweg, etwa synonym mit Mystik, oder auf ein „höheres“, „absolutes“ Wissen. Esoterik bezieht sich daher oft auf „höhere“ Erkenntnis und auf Wege, welche zu dieser führen sollen. Oft wird auch die Ansicht verteten, dass „esoterisches Wissen” nur von einem ausgewählten inneren Kreis verstanden werden kann.
Es existiert keine allgemein anerkannte Definition von Esoterik.
Keine Abwertung sondern klare Abgrenzung
Mir ist bekannt, dass einige meiner Berufskollegen teils spirituelle, teils esoterische Ansichten in die Therapie einbringen.
Besonders bedenklich finde ich, dass immer mehr Anbieter mit spirituellen oder esoterischen Methoden als „Heiler” auftreten, ohne überhaupt eine Zulassung zur Ausübung eines Heilberufs zu haben. Schon manch einer hat z.B. in einer Aufstellungsarbeit nach IoPT seine Traumafolgen bearbeiten wollen und ist schwer destabilisiert und geschädigt worden. Andere sind in endlosen Stunden sogenannter „Reinkarnationstherapie” zumindest viel Geld los geworden.
Beispiele, wo meine Therapie-Angebote den Bereich der Spiritualität berühren:
Meine gesamte Therapie beruht auf der Haltung der Achtsamkeit. In dieser Haltung „nehme ich alles einfach nur zur Kenntnis”. Ich werde dann zum Beobachter meiner Körperempfindungen, meiner Emotionen und meiner Gedanken. Und wenn sich in der Welt meiner Vorstellungskraft „innere Bilder” zeigen, dann beobachte ich auch diese. Daraus ergibt sich eine grundlegende Frage, die direkt in die Welt der Spirituialität führt:
Wenn ich all das beobachten und somit zur Kenntnis nehmen kann… Wer ist dann der Beobachter?
Mein Tipp:
Sie sind das Kostbarste, was Sie auf der Welt haben! – Lassen Sie nicht zu, von Scharlatanen geschädigt zu werden. Prüfen und vergleichen Sie sorgfältig die verfügbaren Psychotherapie-Angebote.