…unsere frühesten Prägungen
von Gerald Hüther und Inge Krens
Taschenbuch: 157 Seiten; Verlag: Beltz; Auflage: Lizenzausgabe (10. Dezember 2012);
ISBN-13: 978-3407229236; 9,95 EUR
Dieses Buch war das erste, das ich von Gerald Hüther gelesen habe. Mich hat nicht nur der flotte, zuweilen humorvolle Schreibstil erfreut, sondern vor Allem die Stimmigkeit der Aussagen in diesem Buch.
Die Autoren gehen weit über das hinaus, was z.B. in Leboyers Buch »Geburt ohne Gewalt« beschrieben und empfohlen wird. Aber es steht nicht in Widerspruch zu Leboyers Ansichten, sondern ergänzt diese mit den neuesten Erkenntnissen der Hirnforschung.
Wenn Sie sich ein Kind wünschen, wenn ein Baby „unterwegs” ist… bitte tun Sie sich und dem Kind einen Gefallen und lesen Sie dieses Buch! Sie erhalten wertvolle und sonst nicht leicht zu findende Informationen, die Ihnen und Ihrem Kind eine erfreuliche und gesunde Schwangerschaft ermöglichen. — Und wenn Sie jemanden beschenken wollen, bei dem Kindersegen ins Haus kommen soll, wählen Sie bitte dieses Buch (statt irgendwelcher „Verlegenheitsgeschenke”). Ich bin ziemlich sicher, dass dieses Geschenk gut ankommen wird, weil es humorvoll, lebendig und leicht verständlich geschrieben ist.
Wenn Sie jetzt vielleicht denken: „Oh Gott, da schreibt ein Hirnforscher! Das ist sicher ein kaum verständliches, hochwissenschaftliches und somit schwer lesbares Buch”, dann kennen Sie noch keine Bücher von Gerald Hüther bzw. Bücher, an denen er als Autor beteiligt war:
Denn seine Fähigkeit ist herausragend, enorm komplexe wissenschaftlichen Sachverhalte in einer Weise darzustellen und sie so zu „übersetzen“, dass sie auch von „neurobiologischen Laien“ verstanden werden. Und das, ohne die Komplexität der im Gehirn ablaufenden Prozesse dabei in einer Weise zu vereinfachen, die zu missverständlichen Vereinfachungen führt oder den ohnehin noch immer weit verbreiteten biologistischen und mechanistischen Vorstellungen Vorschub leistet.
Die wichtigsten Erfahrungen, die Menschen machen, und die in ihrem Gehirn in Form komplexer Vernetzungsstrukturen im Gehirn verankert werden, sind soziale Erfahrungen. Deshalb ist er zugleich davon überzeugt, dass die praktische Umsetzung dieser Erkenntnisse nur in einem dafür günstigen sozialen Umfeld gelingen kann. Seine Arbeit enthält daher auch gesellschaftskritische Betrachtungen. Gerald Hüther zeigt, dass das menschliche Gehirn ein durch soziale Beziehungserfahrungen strukturiertes Gebilde ist. Dieser Ansatz macht das Engagement verständlich, mit dem sich Gerald Hüther um die Verbesserung von sozialen Beziehungen und die Schaffung einer Beziehungskultur bemüht, die es Menschen ermöglicht, die in ihnen bzw. in ihrem Gehirn angelegten Potenziale auch wirklich zu entfalten.
Wichtig und überraschend zugleich ist z.B. die Erkenntnis, wie viel ungeborene Kinder bereits im Mutterleib lernen, welche Erfahrungen sie sammeln und mit welchem kostbaren Schatz sie dann geboren werden. Vieles von dem, was auch heute noch in Schulbüchern, in „Ratgeber-Büchern” oder auch in den klassischen Psychiatrie-Lehrbüchern als „anerkannte Lehrmeinung”, als Wissen oder Tatsache verkauft wird, ist überholt. Vor allen Dingen betrifft dies die Behauptungen, was alles „genetisch bedingt” oder „vererbt” sein soll. Denn viele sehr grundlegenden Prägungen bekommt und erwirbt sich das Kind in diesen so entscheidenden neun Monaten.
Dieses Buch ist keines der üblichen „Ratgeber-Bücher”, sondern liefert Informationen, die Ihnen eine verlässliche Entscheidungsgrundlage für Ihr Verhalten dem Kind gegenüber geben: Unter anderem wird aufgeräumt mit Mythen, dass man den Bauch der Mutter mit Musik oder Fremdsprachen beschallen soll, um das Kind „frühestmöglich zu fördern”. — Es benötigt solche „Förderung” nicht, denn selbst wenn diese Tricks funktionieren würden, so würden Sie eher dem Kind Ihre eigenen Vorstellungen aufprägen, als es einfach so sein zu lassen, wie es sich als einzigartiges Wesen ganz nach seinen eigenen Vorstellungen entwickelt.
Ich sehe dieses Buch keinesfalls in Konkurrenz zu Leboyers Buch „Geburt ohne Gewalt”, sondern als Ergänzung. Während Leboyer sehr intensiv auf die Gefühle der Elern und des Kindes eingeht, erfahren Sie hier von Herrn Professor Hüther das zugehörige Wissen um die neuronal-emotionale Entwicklung des Kindes.
Aus dem Rückseitentext des Buchs:
Was passiert tatsächlich während der ersten neun Monate im Mutterleib? Die faszinierende Entwicklungsgeschichte des Embryos und die Bedeutung der vorgeburtlichen Entwicklung für das weitere Leben des Kindes beschreibt dieses Buch anhand neuester Erkenntnisse aus Forschung und Praxis.
„Wer begreift, was für einen komplizierten Weg ein Kind bereits hinter sich hat, wenn es auf die Welt kommt, für den wird das Geheimnis der Schwangerschaft nur nich bewundernswerter und kostbarer.”
Gerald Hüther & Inge Krens
Ein Leser schreibt über das Buch:
Vorweg: Dieses Buch ist kein Ratgeber für schwangere Frauen und soll es auch nicht sein. Es behandelt das Geheimnis Entwicklung mit seinen ungelösten Fragen und Faktoren aus wissenschaftlicher Sicht. Wer den Titel 'Unsere frühesten Prägungen' nicht versteht und sich einen Ratgeber erhofft, ist selbst schuld und soll keine irreführenden Rezensionen schreiben. Natürlich kann sich auch eine werdende Mutter, die sich für dieses Thema interessiert, wertvolle Tipps herausholen, allerdings ist es, wie gesagt, primär nicht als Ratgeber gedacht.
Ich habe das Buch für eine Arbeit, an der ich derzeit schreibe, bestellt. Im Vergleich zur trockenen, fachjargonlastigen Fachliteratur mit Exzerpten aus Doktorarbeiten von A bis Z war dieses Buch eine willkommene Abwechslung.
In liebevollem Stil, ohne aber an Sachlichkeit zu verlieren, wird in die Thematik der Entwicklung von Geist und Körper eingeführt. Das erste Kapitel behandelt die Herausforderung der Schwangerschaft für die Mutter und ihr Umfeld sowie die Verbindung zum ungeborenen Kind. Danach gibt es einen (durchaus notwendigen!) Exkurs in die Entwicklungsbiologie, wo man noch einmal die Grundlagen „wie ein Kind entsteht” aus sehr tiefgehender genetischer, ja schon fast molekularer Sicht erklärt und wiederholt bekommt. Damit wird längst vergessenes Biologiewissen aufgefrischt und was früher schon fast sedierend lang und langweilig in der Schule erklärt wurde, wird hier kurz und knapp wiederholt. Diese Ausschweifung erweist sich im Buch später als nötig, um wirklich auf die allerfrühesten Prägungen einzugehen. Oft wird in Büchern nämlich von diesen und jenen Faktoren geschrieben, wie sie aber überhaupt von Grund auf zustande kommen, wird nicht erwähnt. Zwar löst auch dieses Buch keine philosophisch-psychologischen Urfragen, doch es gibt einen ausgezeichneten ersten Einblick in das unendlich komplexe Gebilde der Entwicklung.